Ach, man könnte die Anekdoten über Akiba Rubinstein nebeneinander stellen und es ergäbe sich daraus eine Kette rund um den Globus. Ein wenig übertrieben zwar, aber bedenkt man den geflügelten Witz darin, so kommt man doch um die halbe Welt. Jedenfalls drehen sich diese Geschichtchen nahezu ausschließlich um die erstaunliche Vergeßlichkeit dieses Meisters, der auf dem Brett ein Riese war, obwohl er von einer schweren Krankheit gebeutelt wurde und sein Lebens in großer Armut beendete. An dieser Stelle soll erzählt werden, daß Rubinstein bei Turnieren, wenn zur Mittagszeit die Figuren schwiegen, nach dem Essen völlig in sich gekehrt in der Hotelhalle auf und ab schritt. Weltvergessen sein Blick, niemanden erkennend, und man sah ihm an, daß er im Geiste mit unsichtbaren Gegnern stritt, nämlich den Varianten, die in seinem Kopf ein wildes Eigenleben entwickelten. Schließlich, müde geworden vom vielen Marschieren, setzte er sich erneut im Speisesaal nieder und bestellte dasselbe Menü noch einmal. Ob er nun ein gesegneter Esser war oder schlichtweg vergessen hatte, vor kurzer Zeit schon gegessen zu haben, das verschweigen die Anekdoten in Ehren. Daß er einen gesegneten Angriff zu führen wußte, beweist das heutige Rätsel der Sphinx, wo sein Kontrahent Michel mit nunmehr 1.g3xh4 einen vernichtenden Sturm auf sich herabbeschwor. Also, Wanderer, führe Rubinsteins Hand!
Michel - Rubinstein
Semmering 1926
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Meister Wasjukow hatte den Gewinnweg mit dem Einschlag auf g7 lebhaft
vor Augen. Was ihm störte, waren die beiden Deckungsfiguren. Also
spielte er 1.Te1xe6! De8xe6 2.Df1xf8! Td8xf8 und der Weg war frei:
3.Tc7xg7+ Kh7-h8 4.Tg7xg6+ und Schwarz gab wegen Materialarmut auf.
Erstveröffentlichung am 23. Juli 2003
10. Juli 2016
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang