Ein Wetzstein für die Gedanken, das war zu allen Zeiten das Lösen und Komponieren von Schachproblemen. Tief in den Geist des Menschen treibt es die Wurzeln hinein - Quellensuche genannt. Und so blieb es nicht aus, daß Studierende, um ihre Logik zu schärfen, sich auf dem Schachbrett der Meisterschaft der versteckten Pointen befleißigten. Von Mathematikern, Ingenieuren und auch Philologen ist bekannt, daß sie ihre Denkkonzepte mit Schachproblemen ausbildeten, aber daß ein Glaubensmann, und noch dazu einer, der als Johannes Paul II. den Hirtenstab der gesamten katholisch-christlichen Welt in seine Hände nahm, ein so glühender Verfechter des Schachspiels in jungen Jahren gewesen war, werden die wenigsten wissen noch ahnen. Doch bedeutet Gotteserkenntnis strenggenommen nicht, in den Spuren der weltlichen Erscheinungen das Walten der höchsten Macht aufzudecken? Auf einem Priesterseminar des Jahres 1946 übte sich der spätere Papst an diesem Probierstein des Geistes. Wohin es ihn gebracht hat, nun, das ist aller Welt bekannt. Glaube versetzt Berge und löst auch das heutige Rätsel der Sphinx. Nun, Wanderer auf allen Wegen, welcher göttliche Einfall mag den Pontifex zu diesem zweizügigen Matt inspiriert haben?
Papst Johannes Paul II.
1946
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Es war wohl weniger Gesundbeterei als vielmehr scharfsinnige
Betrachtung, die Meister Balcerak zur Widerlegung des Zuges 1.Dd2-f2
führte. Jedenfalls konnte er mit zwei wuchtigen Schlägen die drohende
Überrollung ins Gegenteil führen: 1...g6-g5!! 2.f5xg6 f6-f5! und
plötzlich wäre 3.g4xf5 an 3...Dd8-g5+ 4.Kg1-h2 Tf8xf5! - 4...Dg5xh5??
5.f5-f6! - 5.Sh5-f6+ Tf5xf6 gescheitert. Aber auch 3.Df2-e3 konnte die
schwarze Bauernlawine nicht stoppen: 3...f5-f4! 4.De3-b3+ d6-d5 5.Kg1-
h2 Dd8-g5 6.g6-g7 Tf8-f7 7.Tf1-g1 f4-f3 8.Ta1-f1 e5-e4 9.Db3-c3 Ta8-e8
und Weiß gab auf.
Erstveröffentlichung am 19. März 2003
04. März 2016
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