Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/05511: Stehen wie Schlange und Drachen zueinander (SB)


Es ist ein offenes Geheimnis, daß die beiden aufeinanderfolgenden Weltmeister José Capablanca und Alexander Aljechin zueinander wie Schlange und Drachen standen. Der Kubaner hatte mit seiner leicht arrogant wirkenden Art beim nur um Nuancen anders gelagerten Charakter Aljechins den Finger in die brennende Wunde gelegt, als er ihm den Waffengang 1921 und 1923 mit fadenscheinigen Argumenten verweigert hatte. Erst 1927 im Sechsmeisterturnier in New York konnte Aljechin das Recht des Herausforderes für sich in Anspruch nehmen. Der darauffolgende Wettkampf wurde überlegen von Aljechin entschieden. Mit kaum verhohlener Giftigkeit schickte Capablanca Aljechin ein Glückwunschtelegramm nach, des Inhalts: "Ich beglückwünsche sie zu Ihrem Erfolg. Meine Empfehlung an ihre Gattin." Der Stachel saß, aber Aljechin rächte sich bald auf seine ganz individuelle Art mit messerscharf gespitztem Federkiel: "Bekanntlich brachte das Jahr 1928 für Capablanca die größte Enttäuschung, welche er bis dahin in seiner internationalen Turnierkarriere erleben mußte: er kam im Moskauer Turnier nur mit schwerster Mühe auf den dritten Platz, verlor dabei zwei Partien (wie z.B. gegen Réti oder Loewenfisch) hauptsächlich dank der Gutmütigkeit oder Sorglosigkeit seiner Gegner. Schon in diesem Moment konnte man in einem Teil der Fachpresse Stimmen hören, die auf eine Anzahl nicht unbedenklicher Symptome hinwiesen, welche die Leistungen des kubanischen Großmeisters in jenem Turnier charakterisierten; diese Symptome gaben Anlaß zu nicht unbegründeten Voraussetzungen in der Richtung, daß die Kunst Capablancas bei weitem nicht das ist, was sie während der Vorkriegsperiode seiner Tätigkeit zu werden versprach; daß die Schuld daran liegt, in seiner mit den Jahren sich immer mehr offenbarenden Neigung zu leichteren, nach Möglichkeit rein technischen Formen des Kampfes, welche in ihm allmählich seinen 'lebendigen Geist' tötete, von dem z.B. seine Leistungen von San Sebatian 1911 und St. Petersburg 1914 so eindrucksvoll durchdrungen waren; und endlich, daß gerade seine Versuche, den alten Mann zu wecken (durch die Erkenntnis verursacht, daß die "reine Technik" gegen die moderne Konkurrenz nicht mehr genügt), ihm in den vorerwähnten Verlustpartien zum Verhängnis wurden." Aljechin selbst bestieg damals den Sonnenwagen des Triumphs und brachte Unvergleichliches zuwege, wie zum Beispiel die Gewinnkombination gegen Meister Pirc im heutigen Rätsel der Sphinx. Aljechin hatte zuletzt 1...Ld7-g4! gezogen, worauf Pirc mit 2.Sc3-d5 und heiler Haut davonkommen wollte. Glückte ihm das, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05511: Stehen wie Schlange und Drachen zueinander (SB)

Pirc - Aljechin
Veldes 1931

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Meister Pirrot hatte die Not bald überstanden. Nachdem sein Kontrahent Hertneck 1...Lc8-g4! zog, gab er bereits auf. Der Grund war einsichtig, denn nach 2.Tg1xg4 Df2-f1+ 3.Tg4-g1 Sh5-g3+ 4.h2xg3 Df1- h3# wäre ihm das Mattbild ganz sicher ans Gemüt gegangen.


Erstveröffentlichung am 11. Juli 2002

20. Juni 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang