Kaum ein anderer Schachspieler beherrscht die Kunst der technischen Verwertung eines Vorteils in solch brillanter Weise wie der FIDE- Weltmeister Anatoli Karpow. Sicherlich, sein Spielsystem erlaubt wenige farbenprächtige Momente auf dem Brett. Wer kombinatorische Schlachten sehen will, kommt kaum auf seine Kosten. Und doch, wer eine tiefe Partieanlage mehr zu würdigen weiß als das lärmende Gedonner des Mattangriffs, der oftmals ohnehin nicht ohne die tätige Mithilfe und Unterstützung des Gegners herbeizuführen ist, der wird in den Partien Karpows, was Tiefgründigkeit angeht, selten enttäuscht werden. In Linares 1981 war es Lajos Portisch, der dies am eigenen Leib erfahren mußte. Mit den weißen Steinen hatte sich der ungarische Großmeister zwar einen materiellen Vorteil in die Hand gespielt, mußte dies jedoch mit strategischen Nachteilen erkaufen, und diese wogen schwerer als der Qualitätsgewinn. Die Drohung Sc6-e5 hatte Portisch dazu bewogen, zuletzt mit 1.Dd3-c4 den Damentausch anzustreben. Damit kam Portisch jedoch nur vom Regen in die Traufe. Wie dies Karpow bewerkstelligte, lote aus, Wanderer, und das heutige Rätsel der Sphinx wird kein Geheimnis mehr für dich darstellen!
Portisch - Karpow
Linares 1981
Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Meister Keller konnte die Früchte seines sukzessiven Angriffsdrucks
ernten, als er mit 1.Tb5xb6+! die schwarze Königsstellung
zusammenstürzen ließ. Die Annahme des Turmopfers war nicht zu umgehen,
und so konnte er nach 1...a7xb6 2.Tb1xb6+ Kb8-a8 - 2...Kb8-a7 3.Tb6-
c6+ - 3.De3-e4+ Ka8-a7 4.Tb6-b5 die Kapitulation erzwingen, denn das
drohende Matt war nicht mehr zu verhindern.
Erstveröffentlichung am 20. März 2002
24. Februar 2015
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