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SCHACH-SPHINX/05376: Apologeten des Fortschritts (SB)


Was macht den Fortschritt in der Spielstrategie, rückblickend auf die vergangenen 75 Jahre, aus? Was hat sich getan im trauten Heim der schachlichen Kunst? Man wird den Eindruck einfach nicht los, daß seit den Tagen eines Géza Maróczy ein Abflauen mehr und mehr ins Schachdenken hineingegriffen hat, wenngleich die Apologeten des Fortschritts mit wortreicher Umkränzelung den Sieg der Strategie über die plumpe Kombination beteuern. Maróczy war ein typischer Vertreter des beschaulich-strategischen Stils, der in Ex-Weltmeister Emanuel Lasker den prominentesten Vorkämpfer hatte. Dieses Vorbild verhärtete sich jedoch in der Mitte der 20er und 30er Jahre zur Norm. Statt der individuellen Infragestellung machte sich die Tyrannei der Schulthesen breit. Man schaue sich nur den weltumspannenden Anspruch der sogenannten russischen Schachschule an, um die Verarmung kultureller, geistiger und schöpferischer Selbständigkeit in Europa zu begreifen. Der Westen ahmte nach, war im Sowjetreich vorgedacht wurde, bis ein junger Amerikaner namens Bobby Fisher mit der Faust auf den Tisch schlug. Noch einmal: Das Niveau der Technik stieg immens an - unbestritten! Statt neue Wege zu suchen, was natürlich die Mühe tiefer Kritik erforderlich gemacht hätte, verlegte man sich in der Hauptsache auf das kleinmütige Sammeln unwesentlicher Vorteile in einer Stellung. Maróczys trockene Spielweise war für viele seiner Gegner eine regelrechte geduldquälerische Daseinsprobe, so daß viele zwischendurch einfach resignierten. Dennoch - Maróczy war genial darin und sollte zum Vorbild für eine ganze Schachgeneration werden. Etwas erfrischender ging es im heutigen Rätsel der Sphinx zwischen Pesch und Kohlei zu, zumal Weiß am Zuge mit einer siebenzügigen Mattkombination an den alten Geist der rein kämpferischen Schachära anknüpfen konnte. Also, Wanderer, erkennst du den kunstvollen Weg?



SCHACH-SPHINX/05376: Apologeten des Fortschritts (SB)

Pesch - Kohlei
Sinzig 1959

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Der Röntgenblick des weißen Läufers ging durch den Springer auf e5 hindurch und zielte auf seinen Antipoden auf g7, und so konnte Meister Taimanow, die schlechte Position der schwarzen Dame nutzend, mit 1.Le2- c4!! den entscheidenden Schritt in Richtung Sieg tun. Es geschah notgedrungen 1...Dd5xc4 2.Tb7xg7+ Kg8-h8, weil auf 2...Kg8xg7 3.Lc3xe5+ Damenverlust gefolgt wäre. Nichtsdestotrotz hing immer noch ein tödliches Schwert über dem Haupte des schwarzen Königs. Aber nicht für lange, denn das Garn riß mit 3.Lc3xe5!! Dc4xc2 4.Tf1-f8+! Te8xf8 5.Tg7xg6+ nebst Matt.


Erstveröffentlichung am 01. März 2002

05. Februar 2015





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