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SCHACH-SPHINX/05332: Freudsche Vernunft (SB)


Den Charakter eines Menschen soll man von seinem Schachspiel ablesen können. Zumindest wird solches behauptet, wenngleich bisher noch kein zweiter Freud unter den Analytikern aufgestanden ist und sein 'Pycho- Schach' in die Welt hineinposaunt hat. Vielleicht fehlte bis jetzt nur die richtige Methode, um das Über-Es vom simplen Unter-, Zwischen-, Seitwärts- und Schräglings-Es zu unterscheiden. Bekanntlich läuft auch beim Schachspiel ohne die sinnstiftende Kastrationsangst nichts Rechtes in die Bahnen der Freudschen Vernunft. Da hatte es der Bischof Olaus Magnus von Upsala leichter, als er 1555 seine lateinisch abgefaßte Ethnologie der mitternächtlichen Völker niederschrieb und dabei über den nordischen Menschen Wunderliches zu berichten wußte: "Es ist bei den erlauchten und hohen Personen in Gothland und Schweden der Brauch, daß, wenn sie ihre Töchter in ehrlicher Ehe verheiraten wollen, sie die Gemüter der jungen Gesellen, die um sie werben, auf seltsame und wunderliche Art versuchen, erkundigen, insonderheit aber in dem Brettspiel oder Schachspiel, dann in diesem Spiel laßet sich gemeinhin Zorn, Lieb, Mutwille, Geiz, Faulheit, Zaghaftigkeit und andere Untugenden des Gemütes, desgleichen auch das Glück, wie günstig oder ungünstig es dem Menschen sei, sehen. Derohalben haben sie auf solches acht und ob er ein bäurisch Gemüt habe und sich unbescheidenlich vor Zeit des Sieges berühme, ob er seinen Schaden und die Schmach mit Fürsichtigkeit dulde oder mit Bescheidenheit (d.i. Gescheitheit) abwende und fürkommen könne". Solche Sitten wird es im Heimatland des Schachspiels, in Indien, sicherlich nicht geben, und ob sich solches je in Gotland zugetragen hat, nun ja, darüber soll beizeiten der Forschergeist entscheiden. Im heutigen Rätsel der Sphinx, das aus der Meisterschaft von Bombay 1958 stammt, hatte der Führer mit den weißen Steinen das Pech, auf einen zweiten Sultan Khan gestoßen zu sein, jenen Diplomatsgehilfen aus London, der in den 20er und 30er Jahren viel von sich reden machte durch eine stattliche Anzahl grandioser Partien. Also, Wanderer, mit welcher sehenswerten Kombination konnte Meister Ramdas Gupti den weißen König unter ein Mattjoch zwingen?



SCHACH-SPHINX/05332: Freudsche Vernunft (SB)

Katki - Ramdas Gupti
Bombay 1958

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Was unserem finnischen Schachfreund Kortelainen völlig entging, war leider, daß 1...Dc7xc2? ein tödliches Echo hervorrief, nämlich 2.d5- d6!, worauf es nur zwei schlechte Alternativen gab, nämlich 2...0-0 mit Figurenverlus oder 2...Dc2xf5, was auch Kortelainen zog - ein Schrecken mit Ende ist bekanntlich die zahmere Bestie, denn nach 3.Le2- b5+! war das Matt kaum ein paar Schritte entfernt und Kortelainen gab sich geschlagen.


Erstveröffentlichung am 19. Januar 2002

23. Dezember 2014





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