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SCHACH-SPHINX/05326: Zürnen viel - verliert das Spiel (SB)


"Schach wird nicht mit dem Scharfsinn allein gespielt", so der deutsche Romanschriftsteller Martin Beheim-Schwarzbach, "die Phantasie muß hinzutreten, sonst entsteht nicht das künstlerische Gebilde, das die meisterliche Partie von der stümperhaften unterscheidet." Und nur ein kühler Kopf kann in die gedankliche Tiefe hinabreichen. Versperren Unmut und Zorn, Launenhaftigkeiten, die einem Laiengemüt oft zum Verderben werden, den Weg zur schöpferischen Freiheit der Gedanken, so kann "kein Ding auf Erden glücken", wie alte Geschichten und Gedichte lehren. Daher lautet auch eine der ältesten Schachweisheiten: "Zürnen viel - verliert das Spiel". Die Gemütslagen zu kontrollieren, besonnen ans Werk zu gehen, sich nicht vom Augenblick beirren zu lassen, ruhig zu bleiben auch im wildesten Orkan, mit einem Wort: Herr seiner eigenen Nerven zu sein, nicht deren Blitzleiter, dies macht den höheren Grad der Schachmeisterkunst zu einem gut Teil aus. Paul Morphy war ein tiefgehender Meister dieser Kunst, so tiefgehend, daß er nie ein lautes Wort von sich vernehmen ließ, stets zuvorkommend und mit einer seltenen Liebenswürdigkeit gesegnet war. So eroberte er den Ruhm dieser Welt mit seinem ersten Turnier, das er sogleich gewann, in New York 1857. Sein hartnäckigster Gegner, der ihm dann jedoch kein ausreichendes Paroli bieten konnte, war der deutsche Meister Louis Paulsen. Im heutigen Rätsel der Sphinx war Morphy mit den schwarzen Steinen am Zug und brillierte in einer Weise, die in ungezählten späteren Partien fast schon zum Muster seiner Siege werden sollte, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/05326: Zürnen viel - verliert das Spiel (SB)

Paulsen - Morphy
New York 1857

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Clever genug war Meister Rotaru, um nicht auf die Schliche 1...Te3xh3? hereinzufallen, denn darauf wäre ihm nach 2.Dd4-d8+! Kg8-g7 3.Sf4- e6+!! nicht nur der Braten durch die Lappen gegangen, er selbst würde dann am Spieß hängen. Aber soviel Einsicht in die Stellung besaß Meister Rotaru allemal, daß er die Feinheit des Opfers 1...Tg5xg2+! fand und erst nach 2.Tf2xg2 - 2.Sf4xg2 Dh4xd4 - mit 2...Te3xh3! die Mattdrohung 3...Th3-h1# aufstellte. Der Sieg war ihm nicht mehr zu nehmen. Es geschah noch: 3.Sf4xh3 Dh4xd4+ 4.Tg2-f2 Dd4-e3 5.Kg1-h2 De3- e5+ und Aus.


Erstveröffentlichung am 13. Januar 2002

17. Dezember 2014





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