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SCHACH-SPHINX/05050: Tatarische Großmannssucht (SB)


Jedes Jahrzehnt besitzt einen Clown unter den Schachmeistern, und in den 90er Jahren hatte diesen Platz der Green-Card-Amerikaner Gata Kamsky eingenommen, oder besser gesagt, er und sein Vater Rustem, der nicht müde wurde, seinen Sohn in den höchsten Schacholymp zu preisen. Gata Kamsky - tatarischer Abstammung - war sicherlich trotz seines ungestümen Temperaments ein Weltklassespieler. Nur daß seine verbalen Entgleisungen zuweilen an seinem Gemütszustand Zweifel aufkommen ließen. Liebstes Angriffsziel des Vater-Sohn-Gespanns war der Ex- Weltmeister Garry Kasparow. In nie still werdenden Tiraden erging sich Vater Kamsky über die spielerische Überlegenheit seines Sohnes gegenüber Kasparow. Der holländische Meister Gennadi Sosonko brachte diese Großmannssucht auf den Punkt: "Gata ist viel stärker als Kasparow denkt, aber viel schwächer, als sein Vater denkt." In Dortmund 1992 war es zu einer weiteren Posse aus dem Haus Kamsky gekommen. Gata Kamsky deutete in zarten Anschuldigungen an, Kasparow habe ihn versucht zu vergiften aus Furcht vor der drohenden Turnierniederlage. Offenbar wollte Gata eine Magenverstimmung seinem Erzrivalen anhängen. Kasparow konterte schlagfertig: "Die Leute werden denken, ich sei verrückt geworden. Wenn schon, dann hätte ich Iwantschuk vergiftet." Und in der Tat, mit Iwantschuk mußte Kasparow den ersten Platz teilen, während Gata abgeschlagen im Mittelfeld steckengeblieben war. Spielerisch konnte Gata Kasparow das Wasser nicht reichen, jedenfalls bisher noch nicht. Und offensichtlich kommt der verzärtelte Jüngling damit nicht klar. Viel besonnener ging es dagegen damals in Murau 1925 zu, als unser Schachfreund Itze mit dem Königsgambit einen Kellersturz erlebte. Sein Kontrahent Reinle hatte zuletzt mit 1...Lc8xh3! 2.Th1xh3 die weiße Königsstellung aufgerissen. Also, Wanderer, die Augen auf im heutigen Rätsel der Sphinx! Wie setzte Meister Reinle seinen Angriff mit Verve fort?



SCHACH-SPHINX/05050: Tatarische Großmannssucht (SB)

Itze - Reinle
Murau 1925

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Boleslawskis letzter Zug 1.Tf1-b1? kam einer Selbsthinrichtung gleich. Sein Kontrahent Euwe brauchte dann nur noch den letzten Handschlag zu tun mit 1...Te8-a8! Wegen Grundreihenmatts verbot sich nun 2.Tb1xb2, aber auch nach dem Damenrückzug 2.Dd4-d1 ging die Partie im Nu verloren: 2...Ta8xa1 3.Tb1xa1 Db2xc3 und die schwarzen Freibauern entschieden das Rennen.


Erstveröffentlichung am 11. Juni 2001

16. März 2014





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