Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/05042: Der Schalk im Zufall (SB)


Schalk und Zufall sitzen bei jedem Turnier im Saal, und beide sind Meister im Verstricken und in der Verschlagenheit. Wo der Schalk mit dem Gemüt der Menschen seine Art von Gambitspiel treibt, hilft der Zufall dabei, die kuriosesten Begebenheiten ins Leben der Menschen zu streuen. Wir lieben den Schalk mehr als den Zufall. Dabei sollte es sich umgekehrt verhalten. Dazu eine kleine Geschichte, die sich beim Interzonenturnier 1985 in Mexiko zugetragen hatte. Der russische Ex- Weltmeister Michail Tal hatte sich nach Wiederaufnahme der Abbruchpartie gegen Meister Saeed zuversichtlich ans Brett gesetzt und konnte dank der nächtlichen Analyse leicht und bequem den Sieg errungen. Meister Saeed nahm das Ganze gelassen. Auch seine Analyse ergab, daß ein Remis nicht möglich war, ohne daß Tal einen groben Patzer machte. Nachdem Saeed Tal zu dessen Sieg gratuliert hatte, eilte plötzlich der Schiedsrichter zu ihnen und reklamierte, daß die Abbruchstellung irtümlicherweise mit den schwarzen Bauern auf a6 und b7 gespielt worden war. Richtig wäre jedoch die Bauernformation a7 und b6 gewesen. Daß dies Tal und Saedd nicht aufgefallen war, lag schlicht und ergreifend daran, daß diese beiden Bauern völlig unerheblich waren für den Partieverlauf. Trotzdem die beiden Meister am Ergebnis nichts geändert haben wollten, bestand nun der Schiedsrichter auf eine Wiederholung der Abruchpartie, so daß sich Tal und Saeed schließlich mit gelindem Widerwillen fügten. Ein zweites Mal mußte Tal die Partie gewinnen. Erschwerend kam allerdings hinzu, daß er seinem Kontrahenten zuvor seine besten Züge verraten hatte. Aber auch so siegte Tal - ein zweites Mal in derselben Partie. Man sieht daran, daß der Schalk dem Schiedsrichter im Nacken gesessen hatte und ihm zu etwas höchst Unsinnigem beschwatzte, der Zufall jedoch bescherte der Nachwelt diese kleine Anekdote zum vergnüglichen Schmunzeln. Doch nun zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx und damit zur Partie zwischen Blackburne und Newman. Ersterer hatte den schwarzen König aufs Korn genommen. Was fehlte, war der vorwärtsstürmende Impuls, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/05042: Der Schalk im Zufall (SB)

Blackburne - Newman
Manchester 1880

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Der schwarze König von Kotow stand auf dem Feld g6 in der Tat recht unglücklich, und insbesondere deswegen, weil Meister Bernstein mit 1.f4-f5+! Kotows Aufgabe erzwang. Nach 1...e6xf5 2.Dd2xh6+! g7xh6 3.Ta8-g8# wäre er ohnehin mattgesetzt worden.


Erstveröffentlichung am 08. Juni 2001

08. März 2014





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang