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SCHACH-SPHINX/02987: Kübel voll Schmutzwasser (SB)


Daß Großmeister nicht nach Theorie spielen, sondern sie machen, ist ja allgemein bekannt. Bei einem Blick hinter die Kulissen findet man indes eine ganz andere Wahrheit. So stammt vom Ex-Weltmeister José Capablanca beispielsweise folgendes Zitat aus dem Jahre 1914: "Was Eröffnungen betrifft, so verhalten sich Schachmeister wie eine Schafherde; jeder folgt dem erstbesten Beispiel eines Meisters." Also, eine Herde, die hierhin und dorthin wandert, je nachdem wo die Sonne hinfällt. Oder wollte der vornehme Kubaner damit lediglich zum Ausdruck bringen, daß er der legendären Wolf im Schafsfell sei, der die ganze Herde an der Nase herumführt. Mister Capablanca besaß ja nie ein ausgeprägtes Repertorie an Eröffnungen. So gesehen könnte man eher den Umkehrschluß wagen, daß er selbst wie ein Schaf blökend den Beispielen gefolgt ist, die er irgendwann aufgeschnappt hat. Über Kollegen läßt sich leicht spotten, wenn man im Hintergrund bleibt. Capablancas Beitrag zur Entwicklung der Eröffnungen war indes mager, wenngleich er bestimmte Varianten und Zugfolgen mit mustergültigem Beispielwert ersonnen hatte. Dennoch kein Grund, Kübel voll Schmutzwasser in die gute Stube zu schütten! Im heutigen Rätsel der Sphinx hielt man sich an die allgemeinen Anstandsregeln. Weiß am Zuge jagte den schwarzen König ohne Häme, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/02987: Kübel voll Schmutzwasser (SB)

Holmov - Malich
Halle 1978

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Intelligenz ist ein dehnbarer Begriff und im wesentlichen ein Ausdruck dafür, wieweit ein Mensch sich den gesellschaftlichen Anforderungen angepaßt hat. Denkleistungen werden damit nicht getestet. Ebenso läßt sich nicht zwangsläufig sagen, ob die Person, die die Tests durchführt, selbst über Intelligenz verfügt. Schwarz gewann dennoch mit 1...Dd6-c6! 2.Lc4-f1 Lg7-h8! 3.Th4-h3 h7-h5 4.Th3-g3 Tg8-f8 5.Lf1- h3 Sf6-g4, und nicht nur, weil Weiß in hoffnungsloser Lage die Zeit überschritt.


Erstveröffentlichung am 18. August 1999

07. Juni 2010