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SCHACH-SPHINX/02874: Reise ins theoretische Niemandsland (SB)



Trotzdem heutzutage nahezu jede Zugfolge in der Eröffnungsphase von den Theoretiker erfaßt, katalogisiert und analysiert wurde, tauchen in der Spielpraxis hin und wieder Spielsysteme auf, die mit der Eröffnungstheorie herzlich wenig gemein habe. Skurrile Partieanfänge, die sich dann, weil offenbar beide Spieler abenteuerlustig veranlagt sind, in ein theoretisches Niemandsland verirren, scheinen sich insbesondere bei Fernschachaktiven einer steigenden Popularität zu erfreuen. Das Interessante an solchen Experimenten ist, daß man vom ersten Zug an gezwungen ist, sein gesamtes Vokabular an strategischen Zielsetzungen neu zu überdenken. Es gibt hier nicht den Reflex, zwischen diesem oder jenem Zug zu wählen, weil die Theorie es so vorschreibt, sondern nur ein pionierhaftes Erforschen unbekannten Terrains. Alle Möglichkeiten stehen offen, eben weil zuvor kein Fuß in dieses Gebiet vorgestoßen ist. Im heutigen Rätsel der Sphinx wurde solch eine Abenteuerpartie gespielt. Allerdings hatte sich der Nachziehende dabei wohl in den taktischen Zumutbarkeiten ein wenig verschätzt, denn Weiß startete nun einen fulminanten Angriff, Wanderer.


SCHACH-SPHINX/02874: Reise ins theoretische Niemandsland (SB)

van Geet - Taksund
Fernpartie 1991

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Judit Polgar, die Tückische, spielte 1.b2-b3! - und plötzlich war Anand an Händen und Füßen gefesselt. Da er nahezu mit keiner Figur ziehen konnte, ohne unter der zusammenbrechenden schwarzen Stellung begraben zu werden, konnte die Ungarin ihren Sieg planvoll in die Tat umsetzen: 1...Tb8-b5 - sonst wäre 2.Le3-a7 nebst 3.Ld5-c6 gefolgt - 2.Ld5-c6 Tb5xf5 3.Tc7xc8 - auch 3.Lc6xd7 Lc8xd7 4.Tc7xd7 Tf8-g8 5.Dg3- g2 gewinnt - 3...Tf8xc8 4.Lc6xd7 Tc8-c5 5.Ld7xf5 Tc5xf5 6.Tg1-d1 Kh8- g8 7.Dg3-g2 und Schwarz gab auf. Nach dem Fall des e4-Bauern käme die Jagd auf den schwarzen König an die Reihe.


Erstveröffentlichung am 10. Juli 1999

30. April 2010