Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/02828: Geradezu knabenhaft verwirrt (SB)


In kaum einer anderen Partie seiner Karriere dürfte der FIDE- Weltmeister Anatoli Karpow derart an die Wand gespielt worden sein wie in seiner Begegnung mit Garry Kasparow aus dem Turnier in Linares 1993. Aufs schaurigste wurden seine gesamten Offiziere auf die Grundreihe zurückgedrängt. Vielfach wurde hinterher bemerkt, daß wohl ein psychologisches Momentum vorgelegen habe für Karpows Niederlage. Wie in einem Zustand lethargischer Lähmung ließ sich Karpow von seinem großen Rivalen das Geschehen diktieren. Statt in irgendeiner Form den Nutzen des ersten Zuges zu verwerten, gab Karpow schon früh die Initiative aus den Händen. Geradezu knabenhaft verwirrt ließ er im heutigen Rätsel der Sphinx einige gute Gelegenheiten verstreichen, um seinerseits Aktivität auf dem Brett zu entfalten. Mit seinem letzten Zug 1.Se2-c1 erlaubte er Kasparow schließlich, mit einer taktischen Glanzparade die Partie und schließlich auch das Turnier zu gewinnen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/02828: Geradezu knabenhaft verwirrt (SB)

Karpow - Kasparow
Linares 1993

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Auf die Biologie reden sich Männer gern heraus bei ihrem Urteil über Schachspielerinnen. Daß die Vorwürfe haltlos sind, beweist nicht nur Zsofia Polgars Sieg über ihren männlichen Kontrahenten Horvath, der übrigens das Turnier in Budapest gewann: 1.Ld3xh7+! Kg8xh7 2.Dd1-b1+! Kh7-g8 3.Tf1-f2! Db8xa8 4.Tf2xb2 Da8-c6 5.Db1-e1 Lc8-b7 6.Ta1-b1 Lb7- a8 7.De1-e2 Dc6-c7 8.De2-e5! d7-d6 - das Endspiel war für Schwarz natürlich hoffnungslos - 9.De5-e2 La8-c6 10.Tb2-b3 d6-d5 11.De2-e5 Dc7xe5 12.f4xe5 d5xc4 13.Tb3-b8 Tf8xb8 14.Tb1xb8+ Kg8-h7 15.Tb8-c8 Lc6- d5 16.Kg1-f2! Kh7-g6 17.g2-g4! und Weiß gewann nach einigen belanglosen Zügen.


Erstveröffentlichung am 27. Juni 1999

15. April 2010