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SCHACH-SPHINX/02674: Eitle Frage nach dem Geheimnis (SB)


"Uns allen, die im Schach zu den Leistungssportlern zählen", so schrieb einmal Ex-Weltmeister Michael Tal im Vorwort zu einem Buch von Lew Polugajwesky, "stellen die Laien immer wieder, ob schriftlich oder mündet, ein und dieselbe Frage: Wie pflegt ihr zu spielen, worin besteht das Geheimnis eures Schaffens? Es fällt nicht leicht, diese Frage zu beantworten. In der Schachliteratur gibt es viele Erinnerungen großer Meister der Vergangenheit oder noch lebender Schachspieler der älteren Generation, aber praktisch vermittelt keines dieser Bücher irgendwelche Information über das eigentliche Wesen dessen, wie ein Schachspieler schafft." Vielleicht aus dem Grunde, weil das Handwerk keine Geheimnisse kennt, denn die unerschöpftliche Korrekturarbeit, derer sich ein Schachspieler unterzieht, um sein Können zu perfektionieren, ist keine Sache der Methode oder nach Rezept zu vollbringen. Fragt man einen Bergsteiger, wie er es geschafft hat, den höchsten Gipfel zu erklimmen, so wird er wohl nichts anderes sagen können, als daß er eben nicht aufgegeben hatte. Die Frage nach dem Wie oder Warum hat einen defensiven Charakter und stellt im Grunde einen Vorbehalt dar. Wer sitzenbleibt, wird die Wanderung nie verstehen, dem wird sie wie ein Geheimnis vorkommen, aber der Reisende selbst setzt immer nur einen Fuß vor dem anderen, er stößt auf Schwierigkeiten, läßt sich aber nicht entmutigen, er weiß, was er will und mehr braucht er nicht zu wissen. So einfach, wie dies klingt, so schwer ist es zugleich für den Unentschlossenen, es zu begreifen. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte sich Weiß freilich auf den Weg gemacht, die Partie handwerklich zu Ende zu bringen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/02674: Eitle Frage nach dem Geheimnis (SB)

Decsi - Szabó
Fernpartie 1982

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Phantasie, Erfahrung und analytische Schärfe ermöglichten den weißen Sieg auf dem Podest einer in der Tat außergewöhnlichen optischen Schönheit: 1.f5-f6 Tg7-g3! 2.Dh6-h3!! Tf7-g7! - der einzige Zug von Schwarz, der die Partie noch eine Weile am Leben erhält - 3.Dh3-c8+ Kg8-h7 4.f6xg7 Tg3xg7 - 4...Tg3xg2? 5.Dc8-h8+ - 5.Dc8-h3+! Ein krönender Abschluß, und Schwarz gab auf, weil er nach 5...Df3xh3 6.Tg2xg7+ Kh7-h8 7.Tg7-g8+ Kh8-h7 8.Tg1-g7+ Kh7-h6 9.Tg8-h8+ Kh6xg7 10.Th8xh3 einen ganzen Turm weniger hätte.


Erstveröffentlichung am 09. Mai 1999

23. Februar 2010