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MELDUNG/021: Westbank - Das zynische Spiel der Besatzung mit dem kleinen Dorf Akaba (Gush Shalom)


Gush Shalom - Pressemitteilung vom 30.01.2012

Das zynische Spiel der Besatzung mit dem kleinen Dorf Akaba


Das zynische Spiel der Besatzung mit dem kleinen Dorf Akaba. Brigadegeneral Almaz macht einen persönlichen Besuch und verspricht, "den Beschwerden nachzugehen". Dann stellt sein Vertreter 25 Hauszerstörungsbefehle aus - in einem Dorf, das insgesamt 45 Häuser hat.

In einem Brief an Verteidigungsminister Ehud Barak warnt israelische Friedensblock Gush Shalom vor einem zynischen Spiel, das die Besatzungsmacht in dem kleinen Dorf Akaba östlich von Jenin spielt, das bereits seit vielen Jahren Ziel wiederholter Überfälle durch die Zivilverwaltung der Militärregierung ist, die die Häuser und die Grundinfrastruktur zerstört.

"Sie zerstörten unsere Zugangsstraße, die wir 'Friedensstraße' nennen und zerstörten mehrere Häuser. Als die Kinder, die aus ihren Häusern geworfen worden waren, weinten, posierten die Soldaten für Souvenirfotos auf dem Bulldozer und lachten dabei."

In den vergangenen Jahren gab es ein gewisses internationales Interesse an dem Dorf Akaba, als eine amerikanische Menschenrechtsorganisation mit dem Namen "Allianz für den Wiederaufbau" das Thema bei Treffen mit Mitgliedern des Repräsentantenhauses und Senatoren ansprach und den Bürgermeister zu einer Vortragsreise in die Vereinigten Staaten einlud. In Reaktion auf dieses internationale Interesse an dem Thema, statteteder Chef der Ziviladministration, Brigadegeneral Motti Almaz dem Dorf einen Besuch, was es noch nie zuvor gegeben hatte.

"Er saß mit mir in den Büroräumen des Gemeinderates. Ich sagte zu ihm: 'Ihr zerstört unsere Häuser und wir bauen sie wieder auf. Was bliebe uns sonst übrig? Dies ist unser Dorf, wir können nirgendwo sonst hingehen. Ich sagte ihm, dass es in unsrem Dorf niemals Zusammenstöße mit der Armee gegeben habe, weder während der ersten Intifada noch während der zweiten. Über Jahre hinweg hat die Armee mit scharfer Munition zwischen den Häusern des Dorfes trainiert, Dorfbewohner wurden getötet und verwundet.

Ich, der Bürgermeister, wurde persönlich in jungem Alter getroffen und bin mein Leben lang an den Rollstuhl gefesselt, dennoch empfinde ich keine Bitterkeit und keine Hass. Ich unterstütze den Frieden. Ich bitte nur darum, dass sie uns in Ruhe lassen.

Ich bat Almaz, einen Bebauungsplan für unser Dorf zu genehmigen, damit wir legal bauen können.

Ich bat ihn, uns zu erlauben, die Straße zum Dorf wiederherzustellen - auf unsere eigenen Kosten und mit unserer Arbeitskraft, nur dass sie nicht wieder zerstört werde.

Ich bat ihn, uns eine Schule auf 42 Dunums Staatsland zu bauen zu lassen, die sich in der Mitte unseres Dorfes befinden und die wir nicht nutzen können.

Ich bat ihn, uns zu erlauben, an eine Wasserleitung angeschlossen zu werden, sodass wir nicht länger Wasser für 20 Schekel pro Kubikmeter von Tankwagen holen müssen.

Ich sagte ihm, dass die Strommasten am Eingang unseres Dorfes vor zehn Jahren abgerissen worden seien und dass im Jahre 1999 Mitglieder der Knesset an Verteidigungsminister Ehud Barak schrieben und er daraufhin befahl, unsere elektrischen Anlagen nicht anzurühren, aber trotzdem sind sie vor zwei Monaten gekommen und haben wieder 20 Strommasten abgerissen.

Ich habe Brigadegeneral Almaz alle Probleme und Nöte vorgelegt, und jedes Mal sagte er: 'Wir werden das untersuchen' und noch 'wir werden uns darum kümmern'. Und er ging.

Was danach geschah? Einige Tage später traf der örtliche Vertreter der Zivilverwaltung (der israelischen Militäradministration d. Übers.), ein Mann namens Yigal (er nennt seinen Nachnamen nicht) und begann Hauszerstörungsbefehle auszugeben. Zerstörungsbefehle für Häuser, Viehstallungen und sogar für die Backöfen von Tabun-Brot.

Siebzehn (17) Zerstörungsbefehle insgesamt. Und er sagte uns, dies ganze Dorf sei illegal, alles müsse zerstört werden. War das mit dem "genauer reinschauen" gemeint, das uns der Leiter der Zivilverwaltung versprochen hatte? Dann kam der am Kontrollpunkt Salem stationierte Leiter der Zivilverwaltung des Jenin Kreises in unser Dorf. Ich fragte ihn, ,Warum schickten Sie Yigal mit den Zerstörungsbefehlen zu uns?': Seine Antwort: ,Nein, ich habe ihn nicht geschickt, das kam nicht von mir'.

Einige Tage vergingen und Yigal kam mit acht weiteren Zerstörungsbefehlen wieder. Zerstörungsbefehle auch für unseren Kindergarten und eine Ambulanz. Insgesamt 25 Zerstörungsbefehle für ein Dorf, das aus nicht mehr als 45 Häusern besteht.

Was soll ich also jetzt tun? Was den Dorfbewohnern antworten, die mich fragen 'Du sprichst unentwegt über Frieden. Wo ist Dein Frieden?'"

Adam Keller, der Sprecher der israelischen Organisation "Friedensblock" (Gush Shalom) schrieb an den Verteidigungsminister Israels, Ehud Barak:

"Es gibt zwei Wege dies zu interpretieren, einer ist schlecht und der andere noch schlechter. Entweder spielt die Ziviladministration ein zynisches Spiel ,guter Polizist, schlechter Polizist' oder der Leiter der Ziviladministration hat die Kontrolle über seine Untergebenen verloren, die jetzt losgelöst von ihm ihre eigene Strategien verfolgen. In beiden Fällen müssen diese unerträglichen Zustände aufhören. Den Bewohnern von Akaba steht das Recht zu, in ihren Häusern und in ihrem Dorf ein Leben in Sicherheit und Würde zu führen."


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Quelle:
Pressemitteilung vom 31.01.2012
Gush Shalom, Israel
Telefon: +972-3-5221732
E-Mail: info@gush-shalom.org
Internet: www.zope.gush-shalom.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2012