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KIRCHE/989: "Vorbildliches Ökumene-Verständnis" - Zollitsch besucht die Gemeinschaft von Taizé (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 20.08.2010

"Vorbildliches Ökumene-Verständnis"

Erzbischof Zollitsch besucht die Gemeinschaft von Taizé


Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, hat das Ökumene-Verständnis der Gemeinschaft von Taizé gewürdigt. Es zeichne sich "in besonderer Weise dadurch aus, dass ökumenische Offenheit mit dem Stehen in der je eigenen Glaubenstradition verbunden wird. Gerade so wird das Streben nach Einheit in vorbildlicher Weise gefördert", betonte Erzbischof Zollitsch in einem Grußwort zum 70jährigen Bestehen der Gemeinschaft. Er besucht die Brüder von Taizé an diesem Wochenende. Geplant ist unter anderem ein Treffen mit deutschen und ausländischen Jugendlichen und eine Bibeleinführung mit den Taizé-Brüdern. Außerdem wird Erzbischof Zollitsch zwei Messen zelebrieren.

"Gerade in unserer Zeit der Moderne, in der vordergründig nur unmittelbare Effektivität zählt, hilft Taizé vielen Menschen, sich den Sinn für bewunderndes Staunen und Anbetung zu bewahren. Gerade in einer Zeit, in der Viele alles haben möchten - und zwar sofort - üben Menschen in Taizé und den von dort aus organisierten Treffen das Warten: Da sein, einfach so", betonte Zollitsch in dem Schreiben.

Zugleich erinnerte er an den gewaltsamen Tod des Taizé-Gründers Frere Roger Schutz vor fünf Jahren. Er habe "die ökumenische Gemeinschaft von Taizé geprägt und ihr zugleich ein reiches Erbe hinterlassen. Es sind viele Christen und in besonderer Weise die jungen, die von Taizé angezogen werden. Ob vor Ort in Taizé oder bei den jährlichen Jugendtreffen in einer europäischen Großstadt werden sie durch die Spiritualität von Taizé inspiriert und lernen, das Wort Gottes besser zu verstehen und daraus zu leben."


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Grußwort des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,


Erzbischof Dr. Robert Zollitsch,


an die Gemeinschaft von Taizé

Eine der wichtigsten Quellen von Vertrauen, Hoffnung und Frieden in Europa wird 70 Jahre alt: Zu diesem 70. Jahrestag der Gründung der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé gratuliere ich von ganzem Herzen und überbringe die besten Glück- und Segenswünsche der Deutschen Bischofskonferenz. Dieses freudige Ereignis verbindet sich mit der Erinnerung an den Gründer und geistigen Vater der Gemeinschaft, Frère Roger Schütz, der vor fünf Jahren, am 16. August 2005, einem tragischen Anschlag zum Opfer fiel.

Über viele Jahrzehnte hat Frère Roger die ökumenische Gemeinschaft von Taizé geprägt und ihr zugleich ein reiches Erbe hinterlassen. Es sind viele Christen und in besonderer Weise die jungen, die von Taizé angezogen werden. Ob vor Ort in Taizé oder bei den jährlichen Jugendtreffen in einer europäischen Großstadt werden sie durch die Spiritualität von Taizé inspiriert und lernen, das Wort Gottes besser zu verstehen und daraus zu leben. Dabei werden sie von den Brüdern der Gemeinschaft bestärkt und ermutigt, sich zu Hause in ihren Ländern, in den Kirchengemeinden, Gruppen und Verbänden zu engagieren. So bekommt Taizé eine enorme Strahlkraft, die weit über den Ort hinausreicht und das Evangelium Jesu Christi eindrucksvoll zum Leuchten bringt.

Eines der tiefsten Anliegen von Roger Schütz war die Ökumene. Dieses Anliegen verfolgte er mit einer Lauterkeit und einer Demut, die ihn in einer einzigartigen Weise zu einem Zeugen des geistlichen Ökumenismus machen, der, wie es das Ökumenismus-Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils sagt, "die Seele der ganzen ökumenischen Bewegung" ist (UR 8). Ohne Gebet und ohne Kontemplation, davon war der frühere Prior von Taizé zutiefst überzeugt, kann die von Christus gewollte Einheit der Christen nicht wiederhergestellt werden.

Selbst in reformierter Tradition stehend und ohne mit ihr zu brechen, wurde für Roger Schütz das Glaubenserbe der Katholischen Kirche in besonderer Weise zu einer Bereicherung seines Glaubens. Er brachte beides in sich zu einer Synthese und konnte sich das eine aneignen, ohne sich vom anderen zu distanzieren. Dieser persönliche Lebensweg wurde jedoch nicht zu einem programmatischen Ziel der Gemeinschaft erhoben. Ihr Ökumene-Verständnis zeichnet sich in besonderer Weise dadurch aus, dass ökumenische Offenheit mit dem Stehen in der je eigenen Glaubenstradition verbunden wird. Gerade so wird das Streben nach Einheit in vorbildlicher Weise gefördert. Einen wichtigen Beitrag dazu leisten nicht zuletzt die in viele Sprachen übersetzten Lieder und Gesänge von Taizé, die zu einer weltweiten, die Konfessionsgrenzen überschreitenden Gemeinschaft verbinden: So lässt Taizé die "Freude des Himmels auf der Erde" spüren.

Auch beim friedlichen Zusammenwachsen von Ost und West - beim Bauen von Brücken in oft schwierigem Gelände - spielt Taizé eine bislang kaum beachtete Rolle: Wenn wir in Deutschland nun 20 Jahre deutsche Einheit feiern können, sollten wir nicht vergessen, dass die Gemeinschaft von Taizé 1989 im südungarischen Pécs ein - in vielfacher Hinsicht bewegendes - Treffen von Jugendlichen aus ganz Europa organisiert hatte. Europa war damals noch geteilt - doch bei den Gebeten und Gesängen mit den Brüdern von Taizé schien das Ende des "Kalten Krieges" schon spürbar. Junge Deutsche aus beiden Teilen des Landes und Jugendliche aus unseren Nachbarländern beteten für ein geeintes Europa. "Hoffnung erfüllt uns", sagte Frère Roger wenig später bei der Verleihung des Karlpreises in Aachen. Ein paar Monate später fiel die Mauer - die friedliche Wende. Zufall? Wir Christen sprechen dankbar von Fügung.

Aus den Gebeten, den Gesängen und den Zeiten der Stille von Taizé, in denen scheinbar nichts geschieht, entwickelt sich eine faszinierende Kraft. Gerade in unserer Zeit der Moderne, in der vordergründig nur unmittelbare Effektivität zählt, hilft Taizé vielen Menschen, sich den Sinn für bewunderndes Staunen und Anbetung zu bewahren. Gerade in einer Zeit, in der Viele alles haben möchten, - und zwar sofort - üben Menschen in Taizé und den von dort aus organisierten Treffen das Warten: Da sein, einfach so. Sich hinknien. Erkennen, dass Gott gegenwärtig ist.

Ich wünsche der Gemeinschaft von Taizé für ihr weiteres Wirken den Segen Gottes. Die Kirche braucht ihr überzeugtes und überzeugendes Engagement, um immer mehr Menschen für die Botschaft des Evangeliums zu begeistern - gerade auch die junge Generation.

In dankbarer Verbundenheit
Ihr
Dr. Robert Zollitsch
Erzbischof


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Quelle:
Pressemitteilungen Nr. 127 und 127a vom 20. August 2010
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Deutsche Bischofskonferenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. August 2010