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KIRCHE/609: Stärkeres Engagement für Arme und für den Klimaschutz gefordert (DBK)


Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz vom 19.06.2008

Bischofskonferenzen aus den G-8-Ländern fordern stärkeres Engagement für Arme und für den Klimaschutz


Gemeinsamer Brief an die Staats- und Regierungschefs der G-8 Die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus Deutschland, England und Wales, Schottland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, der Russischen Föderation sowie aus den Vereinigten Staaten appellieren an die Regierungschefs der G-8-Staaten, sich stärker für die Reduzierung der weltweiten Armut und für die Bewältigung des globalen Klimawandels zu engagieren. In einem gemeinsamen Brief an die Teilnehmer des G-8-Gipfels in Toyako (Japan) fordern die Bischöfe dazu auf, die in Gleneagles 2005 und Heiligendamm 2007 eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten.

Weitergehende Zusagen im Hinblick auf medizinische Versorgung, Bildung und humanitäre Hilfe seien erforderlich. Menschliches Leben zu schützen und die Menschenwürde zu achten, sei "eine religiöse und moralische Verpflichtung". Ausdrücklich begrüßen die Vorsitzenden der neun Bischofskonferenzen, dass das Thema Entwicklung und der afrikanische Kontinent im Mittelpunkt der Beratungen des Gipfels stehen. Zugleich rufen sie dazu auf, konkrete Vorschläge zu erarbeiten, wie die Folgen der weltweiten Nahrungsmittelkrise für die armen Ländern gemildert und medizinische Versorgung und Bildung verbessert werden können.

"Darüber hinaus bedarf es einer gerechten Welthandelspolitik, die menschenwürdige Arbeitsbedingungen gewährleistet." Grundlage eines nachhaltigen Entwicklungserfolgs seien "Hilfe zur Selbsthilfe" und "Partizipation der Armen im wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Bereich".

Eindringlich warnen die Bischöfe vor den Folgen des weltweiten Klimawandels vor allem für die Armen. Sie sind von den negativen Folgen wie möglichen Konflikten, steigenden Energiekosten und Gesundheitsproblemen besonders stark betroffen, obwohl sie am wenigsten zum Klimawandel beitragen. Die Folgekosten des Klimawandels dürften die Armen nicht unverhältnismäßig belasten, sondern müssten von den reichen Bevölkerungsgruppen und Nationen getragen werden, deren hohe Emissionen ihrem eigenen Wachstum zugute gekommen sind. Arme Bevölkerungsgruppen und Nationen müssten außerdem "bei der Anpassung an die Folgen des globalen Klimawandels und bei der Einführung entwicklungsförderlicher und gleichzeitig klimaverträglicher Technologien unterstützt werden".

Bereits zum G-8-Gipfel in Heiligendamm hatten sich mehrere Bischofskonferenzen in einem gemeinsamen Brief an die Staats- und Regierungschefs gewandt. In diesem Jahr finden sich erstmals alle Bischofskonferenzen aus dem G-8-Bereich zu einer gemeinsamen Initiative zusammen.


Brief im Wortlaut:

Gemeinsamer Brief der Bischofskonferenzen
an die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten
18. Juni 2008

Frau Bundeskanzlerin
Angela Merkel
Bundesrepublik Deutschland

Herrn Premierminister
Stephen Joseph Harper
Kanada

Herrn Präsident
Nicolas Sarkozy
Französische Republik

Herrn Präsident
Dmitry Anatolyevich Medvedev
Russische Föderation

Herrn Ministerpräsident
Silvio Berlusconi
Italienische Republik

Herrn Premierminister
Gordon Brown
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

Herrn Premierminister
Yasuo Fukuda
Japan

Herrn Präsident
George W. Bush
Vereinigte Staaten von Amerika

Exzellenzen!
Verehrte Teilnehmer des G-8-Gipfels,

anlässlich des bevorstehenden G-8-Gipfels in Japan wenden wir uns im Namen der katholischen Bischofskonferenzen an Sie, die Staats- und Regierungschefs unserer Nationen, und appellieren an Sie, sich noch stärker für die Reduzierung der weltweiten Armut und die Probleme des globalen Klimawandels zu engagieren.

Der Heilige Vater, Papst Benedikt XVI., sagte im April bei seiner Ansprache vor der Vollversammlung der der Vereinten Nationen: "Tatsächlich erfordern die Sicherheitsfragen, die Entwicklungsziele, die Verringerung der lokalen und globalen Ungleichheiten, der Schutz der Umwelt, der Ressourcen und des Klimas, dass alle international Verantwortlichen gemeinsam handeln und bereit sind, in gutem Glauben zu arbeiten, in Achtung vor dem Gesetz, um die Solidarität mit den schwächsten Regionen des Planeten zu fördern. Ich denke in besonderer Weise an bestimmte Länder Afrikas und anderer Erdteile, die noch immer am Rande einer echten, vollständigen Entwicklung bleiben und daher Gefahr laufen, nur von den negativen Folgen der Globalisierung getroffen zu werden."

Wir haben eine religiöse und moralische Verpflichtung, menschliches Leben zu schützen und die Menschenwürde zu achten. Unsere besondere Sorge gilt daher den ärmsten und schutzbedürftigsten Gliedern der Menschheitsfamilie, zumal in den Entwicklungsländern. Aufgrund ihrer Erfahrung im Dienste für die Armen begrüßt die katholische Kirche Ihr Vorhaben, das Thema Entwicklung sowie den afrikanischen Kontinent in die Mitte Ihrer Beratungen zu stellen.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Sie zu den weit reichenden, in Gleneagles 2005 und Heiligendamm 2007 eingegangenen Verpflichtungen stehen und weiter gehende Zusagen machen. Im Jahr 2005 versprachen die reichsten Länder der Welt, bis zum Jahr 2010 weitere 50 Milliarden Dollar jährlich an Entwicklungshilfe zu leisten, die Hälfte davon für Afrika. Dieses Versprechen muss eingehalten werden. Weitere Zusagen im Hinblick auf die medizinische Versorgung, Bildung und humanitäre Hilfe sind notwendig. Der UN-Gipfel im September 2008, bei dem die Millenniumsentwicklungsziele auf der Tagesordnung stehen, bietet eine einmalige Gelegenheit, die internationale Staatengemeinschaft noch stärker zu mobilisieren.

Die globale Nahrungsmittelkrise, welche die armen Länder unverhältnismäßig stark erschüttert, und die furchtbaren Geißeln HIV/AIDS, Malaria und andere Krankheiten machen ein gemeinsames Vorgehen noch dringlicher. Wir bitten Sie nachdrücklich, konkrete Vorschläge zu erarbeiten, wie die Folgen der weltweiten Nahrungsmittelkrise für die armen Länder gemildert und die medizinische Versorgung und Bildung verbessert werden können. Darüber hinaus bedarf es einer gerechten Welthandelspolitik, die menschenwürdige Arbeitsbedingungen gewährleistet. Damit der Erfolg dieser Bemühungen nachhaltig ist, müssen die Armen Träger ihrer eigenen Entwicklung sein. "Hilfe zur Selbsthilfe" und Partizipation der Armen im wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Bereich sind wesentliche Grundlagen der Entwicklung.

Wieder steht der weltweite Klimawandel auf der Agenda des Gipfels, ein Thema, das für uns Gläubige von besonderem Interesse ist, wissen wir uns doch zum Schutz der Schöpfung Gottes verpflichtet. Als katholische Bischöfe sorgen wir uns besonders um die Folgen des Klimawandels für die Armen. Sie haben den geringsten Anteil an den menschlichen Aktivitäten, die den weltweiten Klimawandel verstärken. Doch ist davon auszugehen, dass sie unverhältnismäßig stark unter dessen negativen Folgen zu leiden haben, wie mögliche Konflikte, steigende Energiekosten und Gesundheitsprobleme. Dies gilt für unsere eigenen Länder genauso wie für Afrika und die Entwicklungsländer in anderen Teilen der Welt. Die Kosten der Maßnahmen zur Vermeidung der negativen Folgen des Klimawandels und der Anpassung an die geänderten Bedingungen sollten die Armen nicht ungebührlich belasten, sondern von den reichen Bevölkerungsgruppen und Nationen getragen werden, deren hohe Emissionen ihrem eigenen Wachstum zugute gekommen sind. Mit geeigneten Mechanismen sollten die armen Bevölkerungsgruppen und Nationen bei der Anpassung an die Folgen des globalen Klimawandels und bei der Einführung entwicklungsförderlicher und gleichzeitig klimaverträglicher Technologien unterstützt werden.

Beim G-8-Gipfel werden Sie viele Themen behandeln, die für das Leben und die Würde des Menschen von höchster Bedeutung sind. Möge Ihr Treffen vom Geist der Zusammenarbeit geleitet sein und konkrete Maßnahmen zur Reduzierung der Armut und Milderung der Probleme des Klimawandels erbringen, die dem universalen Gemeinwohl dienen. Dafür beten wir.

Hochachtungsvoll

Erzbischof Robert Zollitsch
Erzbischof von Freiburg
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Kardinal André Vingt-Trois
Erzbischof von Paris
Vorsitzender der Bischofskonferenz von Frankreich

Kardinal Angelo Bagnasco
Erzbischof von Genua
Vorsitzender der Bischofskonferenz von Italien

Erzbischof Peter Takeo Okada
Erzbischof von Tokio
Vorsitzender der Katholischen Bischofskonferenz von Japan

Erzbischof James Vernon Weisgerber
Erzbischof von Winnipeg
Vorsitzender der Kanadischen Konferenz der katholischen Bischöfe

Kardinal Keith Patrick O'Brien
Erzbischof von Edinburgh und St. Andrews
Vorsitzender der Katholischen Bischofskonferenz von Schottland

Bischof Joseph Werth
Bischof der Diözese der Verklärung in Nowosibirsk
Vorsitzender der Katholischen Bischofskonferenz der Russischen Föderation

Kardinal Cormac Murphy-O'Connor Erzbischof von Westminster Vorsitzender der Bischofskonferenz von England und Wales

Kardinal Francis George
Erzbischof von Chicago
Vorsitzender der Katholischen Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten


*


Quelle:
Pressemitteilung Nr. 035 vom 19. Juni 2008
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Deutsche Bischofskonferenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2008