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KIRCHE/1753: Gegen Atomwaffen ein Zeichen setzen - Kirchenvertreter besuchen Hiroshima und Nagasaki (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. August 2015

Abrüstung: Gegen Atomwaffen ein Zeichen setzen - Kirchenvertreter besuchen Hiroshima und Nagasaki

von Gustavo Capdevila


Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Barbara Dunlap-Berg/UMNS

Der Atombombendom von Hiroshima erinnert an die Opfer des Atombombenanschlags auf die japanische Stadt am 6. August 1945
Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Barbara Dunlap-Berg/UMNS

Genf, 4. August (IPS) - Hochrangige Vertreter christlicher Kirchen werden in diesem Monat in Japan an den Gedenkfeiern zu den Atombombenanschlägen auf Hiroshima und Nagasaki vor 70 Jahren teilnehmen. Wie sie erklärten, dient die 'Pilgerfahrt' unter anderen dazu, ein Zeichen gegen Atomwaffen zu setzen, mit den Überlebenden der Anschläge ('Hibakushas') zu sprechen und deren Forderung nach einem globalen Atombombenverbot zu unterstützen.

Laut Peter Prove, Leiter der Kommission der Kirchen für internationale Angelegenheiten des Ökumenischen Rates der Kirchen, wurden die Mitglieder der Delegation sorgsam ausgewählt. Sie kommen zum einen aus den historischen Atomstaaten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) wie den USA und aus den inoffiziellen wie Pakistan, die dem Atomwaffensperrvertrag nicht angehören. Zum anderen stammen sie aus Staaten wie Deutschland und Südkorea, die selbst keine Atommächte sind, aber unter dem atomaren Schutzschirm der USA stehen.

Wie Mary-Ann Swenson, Bischöfin der US-amerikanischen Methodistenkirche und Leiterin der Delegation, erklärte, verlassen sich derzeit 40 Länder auf Atomwaffen: Neun Staaten besitzen Kernwaffenarsenale und weitere 31 haben den USA ihr Placet für einen möglichen Einsatz von Nuklearwaffen gegeben. "Wir werden nach Hiroshima und Nagasaki reisen, um an den Horror von Atomwaffen zu erinnern. Wir werden die Orte aufsuchen, die vor 70 Jahren von den tödlichsten aller Waffen getroffen wurden."

Prove zufolge sind die Hibakushas mittlerweile über 80 Jahre alt. Man werde in Japan die Gelegenheit nutzen, um die letzten authentischen Zeitzeugen anzuhören. Nach der Rückkehr aus Japan werde man die Botschaft der nuklearen Abrüstung an die eigenen Regierungen und Gemeinschaften weitergeben. "Wir werden darauf hinweisen, dass sich bei den Atomwaffen anders als bei anderen Massenvernichtungswaffen, eine rechtliche Lücke auftut, die es zu schließen gilt, und Atomwaffen geächtet werden müssen."


Kirchennetzwerke nutzen

Durch die US-Atombombenanschläge auf die beiden japanischen Städte am 6. und 9. August 1945 wurden in Hiroshima 66.000 Menschen getötet und 69.000 verletzt. In Nagasaki starben 39.000 Menschen, weitere 25.000 wurden verletzt. Diese humanitäre Katastrophe, die der Einsatz von Atomwaffen mit sich brachte, werde man über die eigenen religiösen Netzwerke kommunizieren, versicherte Prove. "Wir vertreten ein Viertel der globalen Christenheit - 500 Millionen Menschen in 120 Staaten."

Die eigentliche Aufgabe bestehe darin, die Kirchenvertreter aller anderen Länder im Bereich ihrer Möglichkeiten zu mobilisieren, damit sie Druck auf ihre jeweiligen Regierungen ausübten. "Der Ökumenische Rat der Kirchen bemüht sich seit langem mit seinen zivilgesellschaftlichen Partnern um atomare Abrüstung und die Vernichtung von Atomwaffen."

Wie Prove weiter erklärte, ist der Rat selbst ein Produkt der Nachkriegszeit. Es sei der Schock über die Gräuel des Zweiten Weltkrieges gewesen, der letztendlich zu dessen Gründung geführt habe. "Die Gründung ist eine Reaktion auf den Völkermord, den Holocaust, die Atombombenanschläge, den Weltkrieg und auf Konflikte generell."

Dem Kirchenvertreter zufolge hat sich die internationale Architektur für nukleare Abrüstung als wirkungslos erwiesen. Als Beispiel führte er das Scheitern der Konferenz zur Revision des Atomwaffensperrvertrags vom 27. April bis 22. Mai am Sitz der Vereinten Nationen in New York an. "Die Mechanismen zur Kontrolle und Eliminierung von Atomwaffen funktionieren nicht, weil sie sich in der Hand von Staaten befinden, die am Fortbestand der Atomwaffen interessiert sind."

Der Ökumenische Rat der Kirchen hingegen unterstützt die globale Mehrheit von 113 Staaten, die den humanitären Aufruf für ein rechtlich verbindliches Atomwaffenverbot unterzeichnet haben. "Wir haben also die Staatenmehrheit hinter uns", sagte Prove. "Wir wollen den Verhandlungsprozess für ein Atomwaffenverbot unterstützen und hoffen, dass diese Staaten ihr Mehrheitsrecht einfordern." (Ende/IPS/kb/04.08.2015)


Links:

http://www.ipsnoticias.net/2015/07/iglesias-buscan-amplificar-eco-de-hiroshima-y-nagasaki/
http://www.ipsnews.net/2015/08/churches-seek-to-amplify-echo-of-hiroshima-and-nagasaki/

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IPS-Tagesdienst vom 4. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. August 2015

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