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KIRCHE/1225: 30 Jahre "Familiaris Consortio" - Papstdokument zur Familie (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 22.11.2011

30 Jahre "Familiaris Consortio"

Würdigung von Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst,
Vorsitzender der Kommission für Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz


Heute vor 30 Jahren wurde das Apostolische Schreiben "Familiaris Consortio" veröffentlicht. Papst Johannes Paul II. schreibt darin "an die Bischöfe, Priester und Gläubigen der ganzen Kirche über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute". In großer Dankbarkeit für die Klarheit dieses wegweisenden Dokuments der päpstlichen Lehrverkündigung erinnert die katholische Kirche an seine nach wie vor bestehende grundlegende Bedeutung und bleibende Gültigkeit.

Texte des päpstlichen Lehramts werden in einer bestimmten Zeit und auf bestimmte Zeitsituationen hin geschrieben. Damit ist ihre Wirkung jedoch nicht erschöpft. Sie enthalten in der Art und Weise, in der sie die Lehre der Kirche entfalten, eine Aussagekraft, die über eine momentane Gegebenheit weit hinausreicht. Sie bergen einen Bedeutungsüberschuss, auf den es sich, gerade in einem zeitlichen Abstand, lohnt, zurück zu blicken. So vermögen diese lehramtlichen Aussagen, auch unserer Zeit etwas Neues auszurichten, oft gerade weil sie nicht dem Heute verhaftet sind.

"Familiaris Consortio" (FC) ist ein Dokument, mit dem Johannes Paul II. in mehrfacher Hinsicht weit in die Zukunft geblickt hat. Als das Apostolische Schreiben vor 30 Jahren veröffentlicht wurde, war noch nicht abzusehen, wie sehr die Familie in der Gesellschaft an Bedeutung gewinnen würde. Es war noch nicht deutlich, wie nachdrücklich gerade Jugendliche die Familie als ihr wichtigstes Zukunftsthema benennen würden. In vielen sozialwissenschaftlichen und sozialphilosophischen Überlegungen wurde damals noch ein nahes ?Ende der Familie? vorausgesagt.

Die Lebensumstände, unter denen Menschen ihr Familienleben verwirklichen, haben sich in den vergangenen 30 Jahren zweifellos stark verändert. Voraussetzungen, von denen "Familiaris Consortio" zeitbedingt ausgehen musste, finden wir so heute nicht mehr vor. Dieser Wandel der Lebensumstände war Papst Johannes Paul II. bewusst. Bereits die ersten Abschnitte des Textes sprechen von den "umfassenden, tiefgreifenden und raschen Wandlungen von Gesellschaft und Kultur", in welche die Familie hineingezogen wurde (FC 1). Ebenso deutlich stellt er fundamentale Bedeutung der Familie für die gesamte Gesellschaft wie auch für die Kirche heraus: "Die Zukunft der Welt und der Kirche führt über die Familie!" (FC 75).

Dass Papst Johannes Paul II. mit "Familiaris Consortio" der Familie, ihrer Bedeutung, ihren Aufgaben, ihren Gefährdungen und besonders auch ihren Rechten, ein eigenes päpstliches Lehrschreiben gewidmet hat, kann aus heutiger Sicht als eine Positionsbestimmung von geradezu prophetischer Weitsicht betrachtet werden. Nie zuvor ist die Familie seitens des kirchlichen Lehramtes in so herausgehobener Weise gewürdigt worden. Ausgehend von den Grundaussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils, insbesondere der Pastoralkonstitution "Gaudium et spes" (47-52), nimmt "Familiaris Consortio" die Familien und ihre Familienmitglieder in die Pflicht, ebenso aber auch die Gesellschaft und ganz besonders die Kirche: "Jeder Plan einer Gesamtpastoral muss auf allen Ebenen unbedingt auch die Familienpastoral einbeziehen" (FC 70).

In gewinnender Klarheit entfaltet Papst Johannes Paul II. die kirchliche Lehre und Leitvorstellung von Ehe und Familie. Er beschränkt sein Anliegen nicht auf kirchliche 'Kernkreise', sondern sieht Ehe und Familie in einem weiteren pastoralen Horizont. "Das pastorale Bemühen der Kirche beschränkt sich nicht nur auf die christlichen Familien in der Nähe, sondern kümmert sich, indem es den eigenen Horizont nach dem Maßstab des Herzens Jesu ausweitet, noch intensiver um alle Familien in ihrer Gesamtheit und vor allem um jene, die sich in einer schwierigen oder irregulären Lage befinden" (FC 65).

In der öffentlichen Wahrnehmung wird "Familiaris Consortio" oftmals darauf reduziert, dass die Kirche wiederverheiratet geschiedene Katholiken nicht zum Empfang der Eucharistie zulassen kann. Mit seinem Apostolischen Schreiben hat Papst Johannes Paul II. überzeugend die unaufgebbare Unauflöslichkeit einer sakramentalen Ehe bekräftigt. Wer demnach als wiederverheiratet Geschiedener die Eucharistie nicht empfangen kann, ist nach "Familiaris Consortio" aber nicht aus der weiteren Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen. Dementsprechend betont Papst Johannes Paul II. die besondere Verantwortung der Kirche für alle, die in gebrochenen Lebenssituationen ihrer besonderen Zuwendung bedürfen. Ausdrücklich hält "Familiaris Consortio" fest, dass diesen Menschen nicht mit moralischer Geringschätzung begegnet werden darf. Der Respekt vor der Person und vor der Biographie jedes und jeder Einzelnen ist unabdingbare Grundlage jeder Pastoral.

Auch nach 30 Jahren hat "Familiaris Consortio" als umfassende Darlegung der kirchlichen Lehre über das Sakrament der Ehe und die "Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute" bleibende Gültigkeit. Das Apostolische Schreiben enthält eine Fülle von grundlegenden und würdigenden Aussagen, die sich konkretisierend um den Lebensbereich von Ehe und Familie gruppieren. Diese Wertschätzung hat auch Papst Benedikts XVI. zum Ausdruck gebracht: "Daher ist es einer der größten und besten Dienste für das Gemeinwohl und die echte Entwicklung der Menschen und der Gesellschaft, wenn wir Ehe und Familie anerkennen und ihr helfen. Ehe und Familie sind die beste Garantie, um die Würde, Gleichheit und wahre Freiheit der menschlichen Person zu garantieren." (Predigt zum V. Welttreffen der Familien in Valencia).


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 179 vom 22. November 2011
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Deutsche Bischofskonferenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2011