EDITORIAL/091: Majestäten, Grafen und Barone (SB)
Wochendruckausgabe 91 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum
23.06.2018
Foto: © 2013 by Schattenblick
Majestäten, Grafen und Barone
"Wir sind keine Royals oder Kings", mit diesem Refrain feiert die
Musikgruppe Glasperlenspiel deutlich ihre Nichtzugehörigkeit und ihre
vollständige Distanz zu dem im übrigen hoch beachteten und nicht
selten ausgesprochen beneideten Gesellschaftsstand. Aber selbst zu
diesem Vergleich einer authentischen und unabhängigen Lebensweise
sowie inniger Liebe in weitaus weniger attraktiven Formen sozialer
Existenz mit einem royalen Leben scheint der Rückgriff auf den und die
Beachtung des Adels, wenn auch aus entgegengesetzten Gründen,
unverzichtbar zu sein.
Auch unabhängig von dem Umstand, daß der Adel bereits 1918 per Gesetz
abgeschafft und mit einer Rechtsbereinigung in den 1960er Jahren
schlußendlich auf den bloßen Namensstand reduziert worden ist, findet
er bis heute doch noch über die Yellow Press speziell, jedoch auch um
kein geringeres über die Medien im allgemeinen höchste Beachtung,
insbesondere mit Blick auf die modernen Präsidialmonarchien wie
beispielsweise Großbritannien, Holland, Dänemark, Schweden und noch
viele andere. Diese modernen Monarchien haben nicht selten als
staatliches Imagegeschäft mit Repräsentationsfunktionen und auch oft
tradierten Einkommens- und Umsatzvoraussetzungen erkleckliche
Garantien und Sicherheiten auf ihrer Seite.
Nicht zuletzt jedoch wäre der Edelmann oder der edle Ritter bzw. der
Adel mit ähnlichen Attributen in der vorherrschenden Phantasie des
typischen Untertanen der Inbegriff für gesellschaftlich nicht
verzichtbare Tugenden und Eigenschaften und sie werden ausgerechnet
jenem Adel als fast natürliches Los und Lehen zugesprochen. Die
landläufige Behauptung "Adel verpflichtet!" wäre ein unübersehbares,
geradezu sprachregulatives Beispiel dafür.
Es sei denn, dieses fest verankerte Verständnis, daß doch Adel
verpflichte, würde mit dem notwendigen Zusatz "aber nur die anderen
und die übrigen" sinnfällig ergänzt werden.
Ihre Schattenblick-Redaktion
22. Juni 2018
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