Gemeinsame Presseerklärung der Vereinigung Berliner
Strafverteidiger*innen
und des Republikanischen Anwält*innen- und Anwältevereins vom 7. Februar 2025
Die Auslieferung von Maja T. nach Ungarn war rechtswidrig - sofortige Rückkehr und politische Aufarbeitung geboten
Maja T. ist eine nonbinäre Person, der durch die ungarischen Strafverfolgungsbehörden vorgeworfen wird, im Februar 2023 gemeinsam mit weiteren Antifaschist*innen Angehörige der rechtsextremen Szene in Budapest angegriffen zu haben. Im Dezember 2023 wurde sie in Berlin festgenommen.
Am 27.06.2024 hatte das Kammergericht ihre Auslieferung nach Ungarn für zulässig erklärt. Mit Beschluss vom 28.06.2024 untersagte das Bundesverfassungsgericht die Übergabe von Maja T. an die ungarischen Behörden im Wege der einstweiligen Anordnung. Maja T wurde jedoch auf Anordnung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft noch vor dem Erlass dieser Entscheidung an die ungarischen Behörden überstellt.
Das Bundesverfassungsgericht [1] sieht eine Verletzung des Grundrechts von Maja T. aus Art. 4 GRCh (Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) gegeben. Obwohl dem Kammergericht durch die Verteidiger von Maja T umfassende Unterlagen vorgelegt worden seien, mit denen hinreichende Anhaltspunkte für systemische oder allgemeine Mängel hinsichtlich der Haftbedingungen in Ungarn dargelegt worden seien, habe das Kammergericht seine diesbezügliche Pflicht zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts verletzt. Zudem könne das Kammergericht nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Schutz von Maja T, die sich als non-binär identifiziere, hinreichend gewährleistet sei.
Ria Halbritter, die Vorsitzende der Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen, zeigt sich über den Beschluss sehr erfreut. "Das Bundesverfassungsgericht stellt fest, dass die Haftbedingungen in Ungarn nicht nur für nonbinäre Personen problematisch sind. Vielmehr äußert es darüber hinaus ganz allgemein deutliche Kritik an der menschenrechtlichen Lage in ungarischen Haftanstalten. Damit hat der Beschluss über den Einzelfall von Maja T. hinaus erhebliche Bedeutung."
Maik Elster, einer der Verteidiger von Maja T., kritisiert das Verhalten der Generalstaatsanwaltschaft Berlin: "Der überhastete Vollzug der Auslieferung, ohne den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Eilverfahren abzuwarten, hat die Verletzung der Grund- und Menschenrechte von Maja T. erst ermöglicht. Hier muss eine politische Aufarbeitung erfolgen."
Sven Richwin aus dem Verteidigerteam ergänzt: "Als Folge des Beschlusses muss die Reform des IRG (Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen) wieder aufgenommen werden, um eine Wiederholung entsprechender Vorgänge strukturell zu verhindern, insbesondere durch die Schaffung eines regulären Rechtsmittels im Auslieferungsverfahren und Gewährung längerer Fristen."
Angela Furmaniak, vom Vorstand des Republikanischen Anwält*innen- und Anwältevereins (RAV) sieht nun die Politik in der Pflicht. "Die Bundesregierung muss alle Hebel in Bewegung setzen, um eine Rückkehr von Maja T. nach Deutschland zu ermöglichen."
Anmerkung:
[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2025/01/rk20250124_2bvr110324.html?nn=68080
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Quelle:
Gemeinsame Pressemitteilung vom 7. Februar 2025
Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen e. V. und
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 14. Februar 2025
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