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STANDPUNKT/055: Attac-Urteil - Zivilgesellschaft braucht Rechtssicherheit (Digitalcourage)


"Allianz Rechtssicherheit für politische Willensbildung"
Pressemitteilung - Bielefeld, 27.02.2019

Attac-Urteil - Zivilgesellschaft braucht Rechtssicherheit

Digitalcourage ist Mitglied in der "Allianz Rechtssicherheit für politische Willensbildung"


Zu Reaktionen auf das Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung", einem Zusammenschluss von mehr als 80 Vereinen und Stiftungen:

"Die Reaktion einzelner Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf das BFH-Urteil zur Gemeinnützigkeit von Attac ist erschreckend. Man mag die BFH-Entscheidung zur Klärung der Rechtslage begrüßen, doch diese Aussagen lesen sich wie eine hämische Attacke auf missliebige Organisationen. Sie gefährden damit den demokratischen Zusammenhalt.

Das selbstlose Engagement von Bürgerinnen und Bürgern für eine bessere Welt wird verkannt. Was am besten für die Gesellschaft ist - das ist ein politischer Streit, der final immer wieder neu in Parlamenten entschieden wird. Dem voraus geht eine gesellschaftliche Debatte mit einer Vielzahl an Akteuren. Die Kommentare aus der Union sind ein Versuch, missliebige Akteure auszuschließen.

Zivilgesellschaftliches Engagement sollte nicht nach einer Freund-Feind-Logik bewertet werden. Gewürdigt werden sollte, dass gerade Protestbewegungen oft Fachwissen und unterbelichtete Perspektiven einbringen. Sie haben nicht die Macht, ihre Forderungen durchzusetzen. Gemeinnützige Organisationen wollen diese Macht auch nicht. Doch sie leisten einen wichtigen und sehr förderwürdigen Beitrag zur Demokratie - gerade dann, wenn sie denen, die tatsächlich Macht haben, kritisch auf die Finger schauen.

Die Koalition aus CDU, SPD und CSU hat beschlossen, das Gemeinnützigkeitsrecht zu verbessern und zu vereinfachen. Eine Einschränkung der Gemeinnützigkeit kann nicht die Lösung sein. Würde ein solches Urteil gegen eine Wirtschaftsbranche gefällt, wären sofort Fachpolitiker aus den Fraktionen und das Wirtschaftsministerium flankierend zur Seite gesprungen. Doch zivilgesellschaftliche Organisationen haben kein Ministerium und keinen Bundestags-Ausschuss, die ihre schützende Hand über sie halten, einen passenden Rechtsrahmen verteidigen und Handlungsfreiheit garantieren.

Dabei hatten CDU, SPD und CSU im Koalitionsvertrag vereinbart: "Wir wenden uns entschlossen gegen die zunehmende und gezielte Einschränkung von Zivilgesellschaften ('Shrinking Spaces'), die sich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen." - Allerdings im Außenpolitik-Kapitel.

Weitere Informationen:
https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de

Eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen fühlt sich durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht bedroht. Mehr als 80 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung etwa für Grundrechte und gemeinnützige Zwecke abzusichern.

Hintergrund: Kommentare aus CDU und CSU
Stefan Müller, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU im Bundestag:
https://twitter.com/smuellermdb/status/1100403875670970368
Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium:
https://twitter.com/Thomas_Bareiss/status/1100522924602281986
Olaf Gutting, Mitglied des CDU/CSU-Fraktionsvorstandes und des für Gemeinnützigkeitsrecht zuständigen Finanzausschusses:
https://twitter.com/olavgutting/status/1100350547163598848

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Quelle
Pressemitteilung vom 27. Februar 2019
digitalcourage e.V.
Marktstraße 18, 33602 Bielefeld
Telefon: +49-521-1639-1639, Fax: +49-521-61172
E-Mail: mail@digitalcourage.de
Internet: www.digitalcourage.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2019

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