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OFFENER BRIEF/001: Solidarität mit strafverfolgten gewaltfreien AtomwaffengegnerInnen (GAAA)


Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen
Pressemitteilung vom 26. Januar 2011

133 Personen solidarisieren sich durch einen Offenen Brief mit strafverfolgten gewaltfreien AtomwaffengegnerInnen und sammeln 2108 Euro zwecks "legaler Strafvereitelung"


Anlässlich des Prozesstermins im Amtsgericht Leonberg am 28. Januar um 13 Uhr (Schlosshof 7, Sitzungssaal 2/EG) wurde gestern, am 25. Januar, ein von 133 Menschen unterzeichneter Offener Brief (Wortlaut unten) an die Bundeskanzlerin, drei Bundesminister, die Botschaft der USA in Berlin und vier Justizbehörden abgesandt. Prominenteste Mitunterzeichnerin ist Rockmusikerin und Schauspielerin Nina Hagen.

In dem Offenen Brief wird hingewiesen auf die Strafverfolgung von mindestens sechs gewaltfreien FriedensaktivistInnen im Zusammenhang mit einem Camp der Initiative "Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen" in der Nähe des Atomwaffenstützpunkts Büchel/Südeifel im Sommer 2009. Zwei der Aktiven wurden bereits rechtskräftig verurteilt. Vier andere erhielten Strafbefehle, gegen die sie Einspruch einlegten, so dass es zu Hauptverhandlungen kommt.

Damit die Verurteilten und die von Verurteilungen Bedrohten ihre Strafen nicht selbst zahlen müssen, haben die UnterzeichnerInnen des Offenen Briefs bisher 2108 Euro zusammengelegt. Aus diesem Fonds können - quasi in einem Akt legaler Strafvereitelung - die Geldstrafen bezahlt werden. Denkbar - und in den letzten Jahren schon mehrfach von gewaltfreien AtomwaffengegnerInnen praktiziert - ist auch das demonstrative Antreten von Ersatzfreiheitsstrafen anstelle der Geldstrafenzahlung. In diesem Fall können Haftzeiten durch Zahlungen aus dem Fonds verkürzt werden.

Ziviler Ungehorsam gegen Atomwaffen auf der Anklagebank!

Die Verhandlung am kommenden Freitag findet gegen den Webadministrator der Internetseite www.bye-bye-nuclear-bombs.gaaa.org, Erwin Eisenhardt, und gegen die Koordinatorin der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA), Marion Küpker, statt. Das Anklagekonstrukt wirft den beiden vor, im Sommer 2009 über die Webseite zu Go-In-Aktionen in den Atomwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel und somit zum Hausfriedensbruch aufgerufen zu haben. Die Anklage lautet auf öffentliche Aufforderung zu Straftaten. Einen Bericht über die 2009 Sommercamp-Aktionen könnt ihr hier nachlesen:
www.bye-bye-nuclear-bombs.gaaa.org/zc-2009.pdf

Für Marion Küpker ist der Grund dieser "juristischen Disziplinierung" eindeutig: "Die Regierung versucht uns mundtot zu kriegen: Während auch Planungen für die Modernisierung der US- Atomwaffen und Kampfflugzeuge in Büchel für dieses Jahrzehnt mit neuen US-Atomsprengköpfen und Kampfflugzeugen bestehen, regt sich weltweit Widerstand gegen die Verschwendung öffentlicher Gelder und dieser Wahnsinn ist um so offensichtlicher, wo es um illegale Massenvernichtungswaffen geht. Die Gefahr geht heute von der NATO aus, deren führende Länder USA, Frankreich und Großbritannien ihre Atomwaffenarsenale in unglaublichem Ausmaß modernisieren und deren Einsätze für die NATO aktuell beim Gipfel in Lissabon mit "mini-nuke"-Atomsprengköpfe im "Kampf gegen den Terror" hoffähig gemacht wurde. Es wundert mich nicht, das heute die Repression gegen das Organisieren von zivilen Ungehorsam anläuft, wo sich Menschen in allen Bereichen, ob Atomtransporte, Stuttgart 21, Sozialabbau... verstärkt hiermit organisieren."

Die "Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen" wird weiterhin in Büchel an der letzten verbliebenen Atomwaffenbasis auf deutschem Boden aktiv bleiben.

gez.
Martin Otto


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Wortlaut des Offenen Briefs mit den Namen der 133 UnterzeichnerInnen:

OFFENER BRIEF im Januar 2011

an die Bundeskanzlerin Frau Merkel
an den Bundesaußenminister Herrn Westerwelle
an die Bundesjustizministerin Frau Leutheusser-Schnarrenberger
an den Bundesverteidigungsminister Herrn zu Guttenberg
an die Botschaft der USA in Berlin
an die Staatsanwaltschaft Koblenz (Aktenzeichen: 2090 Js 58752/09.3a Cs)
an das Amtsgericht Cochem (Aktenzeichen: 2090 Js 58752/09.3a Cs)
an die Staatsanwaltschaft Stuttgart (Aktenzeichen: 5 Js 103351/09/09)
an das Amtsgericht Leonberg ( Aktenzeichen: 5 Js 103351/09/09)

Es drohen weitere Inhaftierungen
von Teilnehmenden an Aktionen der Initiativen
"Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen" und "EUCOMmunity"

In den letzten 17 Jahren sind 23 Mal Menschen in deutsche Gefängnisse gesperrt worden, weil sie sich an gewaltfreien Aktionen aus Protest gegen die Atomwaffenpolitik beteiligt haben.

Seit Herbst 2009 laufen bzw. liefen mindestens sechs neuerliche Strafverfahren gegen gewaltfreie AtomwaffengegnerInnen. Zweien von ihnen wird zur Last gelegt, zur Teilnahme an einem Aktionscamp in der Nähe des Bundeswehrflugplatzes bei Büchel, auf dem US-Atombomben stationiert sind, aufgerufen zu haben. Die anderen werden beschuldigt, unerlaubt Militärgelände in Büchel und Cochem betreten zu haben. Drei von ihnen haben zusätzlich ein Loch in den Zaun des Flugplatzes geschnitten, um ihn betreten zu können. Alle Go-In-AktivistInnen haben das Militärgelände unter den Augen von Wachsoldaten bzw. Feldjägern betreten und sich widerstandslos festnehmen lassen.

Wir, die Unterzeichnenden, appellieren an die AdressatInnen dieses Briefes:

Setzen Sie sich dafür ein,

- dass alle Atomwaffen abgeschafft werden, als erstes die in Deutschland gelagerten Atomwaffen der USA! ATOMWAFFEN ABSCHAFFEN - BEI UNS ANFANGEN!

- dass die Strafverfolgung von Menschen beendet wird, die mit gewaltfreien Aktionen des Zivilen Ungehorsams (also Aktionen, bei denen in begrenztem Maße Verbote übertreten, jedoch Leben und Gesundheit anderer nicht gefährdet werden) für die Abschaffung aller Atomwaffen kämpfen!

- dass Menschen, die bereits wegen solcher Aktionen bestraft wurden, rehabilitiert und entschädigt werden!

Gleichzeitig mit diesem Appell leistet jede/r Unterzeichnende einen kleinen finanziellen Beitrag für den Fall, dass erneut gewaltfreie Aktive ins Gefängnis gesperrt werden und es möglich sowie von den Inhaftierten gewünscht ist, Haftzeiten durch "Freikaufen" zu verkürzen.

Dies ist ein Offener Brief, dessen Text mit den Namen der Unterzeichnenden auch an verschiedene Presseorgane mit der Bitte um Veröffentlichung gesandt wird.

133 Unterzeichnende:
(Liste der Unterzeichnenden ist auf www.gaaa.org einzusehen.)


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Quelle:
Gewaltfreie Aktion Atomwaffen abschaffen (GAAA)
Mitgliedsorganisation in der DFG-VK
Kontakt: GAAA, c/o M. Küpker, mariongaaa@gmx.de
Internet: www.gaaa.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2011