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MELDUNG/420: Französische Richterin lädt Ex Guantánamo-Kommandeur Miller vor (ECCHR)


European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
Pressemitteilung vom 26. März 2016

Französische Richterin lädt Ex Guantánamo-Kommandeur Miller vor

ECCHR unterstützt das Verfahren wegen Folter mit juristischer Expertise


Berlin/Paris, 26. Februar 2016 - der ehemalige Kommandeur des US-Gefangenenlagers Guantánamo, Geoffrey Miller, soll am 1. März 2016 in Frankreich zu seiner Rolle bei der Folter und schweren Misshandlung von Gefangenen aussagen.

Eine Richterin am Berufungsgericht (Chambre de l'instruction de la Cour d'appel) in Paris hat Miller vorgeladen. Ob Miller am kommenden Dienstag vor Gericht erscheinen wird, ist offen.

Mit der Vorladung Millers gibt das Gericht dem Antrag der ehemaligen französischen Guantánamo-Insassen Nizar Sassi und Mourad Benchellali statt. Deren Familien hatten mithilfe der ECCHR-Kooperationsanwälte William Bourdon und Apolline Cagnat im November 2002 Strafanzeige wegen Folter, Misshandlungen und willkürlicher Inhaftierung gestellt. Seitdem ermittelt die französische Justiz zum US-Folterprogramm.

"Ich kann es kaum fassen, dass der 'König der Folter' in Guantánamo wie ein ganz normaler Angeklagter vorgeladen ist", sagte Sassi über die Entscheidung der Richterin. Auch Benchellali ist vorsichtig optimistisch: "Bisher führte die grenzenlose Grausamkeit des Foltersystems dazu, dass die Unschuldigen nicht entlassen und gleichzeitig die Schuldigen nicht bestraft wurden."

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) sieht in der Vorladung Millers einen wichtigen Schritt für die Überlebenden der Folter im Namen des "Kriegs gegen den Terror". "14 Jahre nach der Eröffnung von Guantánamo soll endlich ein ranghoher Verantwortlicher vor Gericht erscheinen. Das ist ein gutes Signal, denn die 'Architekten' des US-Foltersystem müssen endlich zur Verantwortung gezogen werden", sagte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck. "Wir setzen darauf, dass das Verfahren in Frankreich auch in anderen Ländern strafrechtliche Ermittlungen zu Guantánamo ins Rollen bringt. "

Gemeinsam mit dem Center for Constitutional Rights (CCR) aus New York unterstützt das ECCHR das Verfahren. Die Organisationen reichten 2014 bei der Ermittlungsrichterin ein Gutachten sowie beim Berufungsgericht weitere Informationen zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit Millers ein. Das Gutachten legt dar, dass die Misshandlungen in Guantánamo Folter im Sinne des Völkerrechts darstellten und belegt detailliert die mutmaßliche strafrechtliche Verantwortlichkeit des Kommandeurs. Weitere Unterlagen dokumentieren Millers Position in der US-Kommandostruktur und die Informationen des Streitkräfteausschusses des US-Senats zum US-Folterprogramm und zu den völkerrechtswidrigen Verhörmethoden in Guantánamo.

Das Verfahren in Frankreich ist Teil einer Reihe von rechtlichen Interventionen, die das ECCHR gemeinsam mit Partnerorganisationen und Kooperationsanwälten auch in Spanien und Deutschland angestoßen hat.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 26. Februar 2016
European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2016

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