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MELDUNG/400: Urteil im Kriegsverbrecherprozess am OLG Stuttgart (ECCHR)


European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
Pressemitteilung vom 28. September 2015

ECCHR begrüßt Urteil im FDLR-Kriegsverbrecherprozess am OLG Stuttgart


Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat heute die beiden gebürtigen Ruander Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni, Führer der Hutu-Miliz FDLR, zu Freiheitsstrafen von 13 bzw. acht Jahren verurteilt. Der Hauptangeklagte Murwanashyaka wurde wegen Beihilfe an Kriegsverbrechen gemäß dem Völkerstrafgesetzbuch und Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (Paragraph 129 b Strafgesetzbuch) verurteilt, sein Stellvertreter Musoni wegen Rädelsführerschaft zu acht Jahren Haft. Der Präsident der "Forces Démocratiques de Libération du Rwanda" (FDLR) und sein Stellvertreter waren angeklagt, 2008/2009 im Osten der Demokratischen Republik Kongo schwere Völkerrechtsverbrechen begangen zu haben.

"Mit dem FDLR-Prozess in Stuttgart hat Deutschlands einen Beitrag zur weltweiten Strafverfolgung von Menschheitsverbrechen, Kriegsverbrechen und Völkermord geleistet", sagte Wolfgang Kaleck, Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin. Im FDLR-Kriegsverbrecherprozess verhandelte ein deutsches Gericht erstmals eine Anklage nach dem Völkerstrafgesetzbuch, mit dem 2002 das deutsche Strafrecht an die Straftatbestände des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) angepasst wurde. "Richtig und wichtig war, dass das Gericht nicht nur Tötungen und Misshandlungen, sondern auch Vergewaltigungen und sexuelle Versklavung unter der FDLR untersucht hat. Leider waren dabei die Betroffenen, vor allem Frauen, die sexuelle Gewalt durch FDLR-Milizionäre erleiden mussten, nicht ausreichend in den Prozess einbezogen."

Trotz aller Schwierigkeiten habe das Verfahren gegen Murwanashyaka und Musoni gezeigt, dass solche Prozesse nach deutschen Standards möglich sind. Ob der FDLR-Prozess als Modell für weitere Prozesse nach dem Völkerstrafgesetzbuch taugt, werde sich zeigen müssen.

Das ECCHR fordert die deutsche Justiz auf, die Möglichkeiten des Völkerstrafgesetzbuches umfassend zu nutzen und insbesondere mögliche Beweismittel in Deutschland zu sichern. "Die Bundesanwaltschaft sollte weiterhin die Aussagen von Zeugen beispielsweise aus Syrien für künftige Verfahren sichern", sagte Kaleck. "Das wäre ein wichtiges Signal an Syrien und andere Konfliktregionen: Kriegsverbrecher sollten nicht darauf bauen können, dass sie straffrei ausgehen und unbehelligt durch Europa reisen können."


Gemeinsam mit vier weiteren Organisationen und Instituten hat das ECCHR den Prozess von Beginn an beobachtet und regelmäßig zu verschiedenen Fragen wie beispielsweise der Behandlung von Sexualstraftaten in eigenen Berichten Stellung genommen:
http://www.ecchr.eu/de/unsere-themen/voelkerstraftaten-und-rechtliche-verantwortung/kongo-kriegsverbrecherprozess.html

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Quelle:
Pressemitteilung vom 28. September 2015
European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
Zossener Str. 55-58, Aufgang D, 10961 Berlin
Telefon: + 49 (0)30 - 40 04 85 90, Fax: + 49 (0)30 - 40 04 85 92
E-Mail: info@ecchr.eu,
Internet: www.ecchr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2015

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