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MELDUNG/241: Nutzung der Air Base Ramstein - Klage abgewiesen (IALANA)


IALANA
Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen
Für gewaltfreie Friedensgestaltung
Deutsche Sektion der International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms
Presseinformation vom 28. März 2013

Verwaltungsgericht Köln weist die Klage von Wolfgang Jung betreffend eine völkerrechts- und verfassungswidrige Nutzung der Air Base Ramstein ab.

Die Berufung wird zugelassen.



Das am 25. März zugestellte Urteil gibt die Sach- und Rechtsausführungen des Klägers in sehr sorgfältiger Art und Weise wieder. Der Kläger, der zwölf Kilometer von der Air Base Ramstein entfernt wohnt, hatte gerügt, dass

• die Kriegsführung der USA im Rahmen der Operation Enduring Freedom - weltweite Verfolgung von "Terroristen" - völkerrechts- und verfassungswidrig sei,
• die Kriegsführung im Rahmen von ISAF jedenfalls dann völkerrechts- und verfassungswidrig werde, wenn im Rahmen von Drohneneinsätzen - den sogenannten Targeted Killings - Personen getötet werden, die nicht zweifelsfrei Kombattanten sind,
• Targeted Killings ferner dann rechtswidrig seien, wenn Zivilisten getötet würden,
• Targeted Killings dann rechtswidrig seien, wenn Drohnen der CIA Menschen töteten;
• die Benutzung der Air Base Ramstein für sogenannte Folterflüge rechtswidrig sei.

Daher wollte Wolfgang Jung, vertreten durch seine Rechtsanwälte, vom Bundesverteidigungsministerium wissen, ob und in welchem Umfang die Air Base Ramstein für derartige Flüge genutzt würde. Nach Erteilung der entsprechenden Auskünfte müssten diese verfassungswidrigen Nutzungen vom deutschen Staat unterbunden werden.

Dass ein Bürger wie Wolfgang Jung vom Staat derartige Auskünfte und ein derartiges Unterbinden von Flügen der US-Air Force von deutschem Boden aus verlangen könne, ist schon überraschend. Eine Rechtsgrundlage dafür findet sich aber in Art. 25 Grundgesetz. Danach gehören die Allgemeinen Regeln des Völkerrechts zum Bundesrecht und gehen den allgemeinen Gesetzen vor. Bei einer Verletzung solcher Grundsätze könne der Bürger nach Satz 2 die aus einer solchen Verletzung entstehenden Rechte geltend machen.

Das Verwaltungsgericht Köln stellt nun fest, dass das Gewaltverbot des Art. 2 Nr. 4 der UN-Charta zu diesen allgemeinen Regeln gehöre. Dazu gehörten auch fundamentale Normen des Humanitären Völkerrechts und fundamentale Menschenrechte wie das Verbot von Folter. Deswegen müssten die deutschen Staatsorgane diese Verbote als bindende völkerrechtliche Norm beachten und Verletzungen nach Möglichkeit unterlassen. Dabei sei auch Art. 26 mit seinem Verbot der Vorbereitung eines Angriffskrieges zu beachten.

In diesem Zusammenhang führt das Verwaltungsgericht aus:

"Dementsprechend sind völkerrechtlich sehr bedenklich wissentliche Unterstützungsleistungen seitens der Bundesrepublik zugunsten der USA durch Gewährung von Überflugrechten und der Nutzung von im Inland belegenen Militärstützpunkten, soweit die USA diese nicht innerhalb des NATO-Rahmens und des Völkerrechts, sondern für völkerrechtswidrige Handlungen nutzen sollten."

Daher müsse die für die Genehmigung solcher Flugbewegungen zuständige Behörde entscheiden,

"ob ein Luftfahrzeug den Luftraum der Bundesrepublik Deutschland benutzen darf, insbesondere ob die Benutzung mit den allgemeinen Regeln des Völkerrechts vereinbar ist, ob ein auf militärische Anforderung eines nichtdeutschen Hoheitsträgers durchgeführter Flug gegen solche Regeln verstößt und deutsche Behörden deshalb an seiner Durchführung nicht mitwirken dürfen. Ggf. ist die Erlaubnis bzw. der Einflug in das Hoheitsgebiet zu untersagen; Luftfahrzeugen, die an einem gegen das völkergewohnheitsrechtliche Gewaltverbot verstoßenden militärischen Einsatz bestimmt mitwirken, darf die Benutzung des deutschen Luftraums nicht gestattet werden."

In diesem Zusammenhang stützt sich das Verwaltungsgericht Köln auf zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, von denen die zu Ramstein von den Anwälten des Klägers erstritten worden ist.

Dennoch hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zwar bejaht es im Ergebnis die Frage, ob aus Art. 25 Satz 2 GG subjektive Rechte des Klägers folgen. Aber daraus ergebe sich noch keine Klagebefugnis:

"Der Bruch der völkerrechtlichen Norm muss das Rechtssubjekt in einer Form betreffen, die es von der Allgemeinheit unterscheidet und es in einer im Vergleich mit der Allgemeinheit besonderen Form auszeichnet. Diese besondere Form der Betroffenheit kann darin liegen, dass Nachbarn der Gefahr militärischer Verteidigungsmaßnahmen dadurch ausgesetzt werden, dass der benachbarte Flughafen ein legitimes militärisches Ziel darstellt, dass Nachbarn solcher Einrichtungen von diesen Maßnahmen durch damit verbundene Emissionen konkret faktisch betroffen sind." (S. 16)  

Überraschenderweise stellt das Verwaltungsgericht allerdings nicht fest, dass der Kläger in diesem Sinne nicht faktisch betroffen sei. Im Tatbestand des Urteils wird hingegen der Vortrag des Klägers mitgeteilt, der ausgeführt hatte, dass er in einer Einflugschneise zu Ramstein wohne, über die ständig mit Bomben beladene Flugzeuge hinwegflögen. Auch bestehe die Gefahr terroristischer Angriffe auf US-Niederlassungen. Für Atomanlagen habe das Bundesverwaltungsgericht die Gefahr solcher terroristischer Angriffe bejaht und deswegen angeordnet, dass diese Anlagen gegen terroristische Angriffe geschützt sein müssten. Dazu meint das Verwaltungsgericht, dass in der Gefahr von terroristischen Handlungen Dritter kein dem deutschen Staat zurechenbares Verhalten deutscher öffentlicher Gewalt vorliege. Hierbei beruft sich das Verwaltungsgericht auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln und eine ältere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Diese sind aber durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Notwendigkeit von Schutzvorkehrungen gegen terroristische Angriffe überholt.

Das Verwaltungsgericht verneint auch eine besondere Interessenbetroffenheit des Klägers, die dieser darin sieht, dass er sich seit Jahren mit der völkerrechtswidrigen Nutzung der Air Base Ramstein befasst und diese in einer speziellen Webseite, der LUFTPOST, immer wieder anprangert und - wie dieses Verfahren zeigt - dagegen vorgeht.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen. Der Kläger wird diese schnellstens einlegen und begründen.

Dr. Peter Becker, Rechtsanwalt
Otto Jäckel, Rechtsanwalt

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Quelle:
Presseinformation vom 28. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2013