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INTERNATIONAL/271: Argentinien - Mapuche siegen über Benetton (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Argentinien

Mapuche siegen über Benetton



Menschen liegen sich in den Armen - Foto: Roxana Sposaro, ANRed

Nach dem Gerichtsverfahren
Foto: Roxana Sposaro, ANRed

(Concepción, 20. März 2019, Medio a medio) - Am 18. März hat das Gericht fünf junge Mapuche der Gemeinschaft Pu Lof freigesprochen, die die Bekleidungsfirma Benetton [1] wegen Viehdiebstahl und Landbesetzung in Cushamen, Chubut angeklagt hatte. In Cushamen ist auch Santiago Maldonado [2] verschwunden und später wurde seine Leiche dort gefunden. Die Sicherheitsministerin Patricia Bullrich hatte den Fall Maldonado zum Anlass genommen, um Hass gegen die Mapuche zu säen und beschuldigte sie, der angeblich existierenden Terrororganisation RAM (Resistencia Ancestral Mapuche) anzugehören. Beweise für die Existenz einer solchen Organisation liegen bis heute nicht vor. "Die Angeklagten haben immer wieder gesagt, dass sie nicht der RAM angehören und ich habe keinen Grund, ihnen nicht zu glauben", bekräftigte die zuständige Richterin.

In ihrem Urteilsspruch ordnete sie einen runden Tisch an, an dem alle Beteiligten des Konflikts mit Unterstützung der Provinz die Landrechte der Mapuche-Gemeinschaft klären sollen. Außerdem setzte sie fest, dass der Richter*innenrat der Provinz Chubut Ermittlungen gegen den zuständigen Staatsanwalt Oscar Oro wegen mangelnder Erfüllung seiner Aufgabe (Schlechterfüllung) einleiten muss. "Es wurde Personen etwas zur Last gelegt, wofür sie im Nachhinein nicht formal angeklagt wurden, die Polizeibehörden und die Generalstaatsanwaltschaft sprachen zunächst von Gewalt und später gaben sie an, dass seitens der Gemeinde Gesprächsbereitschaft bestand. Es konnte nicht festgestellt werden, ob es zu Viehdiebstahl kam, es wurden keine Beweise angeführt, die gezeigt hätten, wie dieses Verbrechen begangen worden sein soll", sagte die Richterin Estefanía.


Sprecherin mit Mikrophon - Foto: Roxana Sposaro, ANRed

Foto: Roxana Sposaro, ANRed


Der Fall Rafael Nahuel

Die Anklage durch Benetton war der Auftakt für Bullrich, verschiedene Strategien zu entwerfen, um die Mapuche von dem Territorium zu vertreiben, das ihnen durch Erbrecht zusteht. So wurden auch die bewaffneten Angriffe in Patagonien legitimiert. Am 25. November 2017 ermordete die Gruppe Albatros den jungen Mapuche Rafael Nahuel [3] in Villa Mascardi, nur wenige Kilometer von Bariloche entfernt. Am gleichen Tag war die Beerdigung von Santiago Maldonado, der starb, weil er sich mit den Mapuche solidarisiert und Widerstand gegen die Verhaftung von Facundo Jones Huala geleistet hatte. Nahuel wurde von hinten erschossen und zunächst wurden zwei Mapuche des Mordes an ihm beschuldigt.

Der Journalist Santiago Rey, Autor des Buches und Mitarbeiter der gleichnamigen Zeitung "En estos días" [4] (In diesen Tagen) hat den Konflikt auf dem Territorium der Mapuche von Anfang an begleitet. Im Gespräch mit Radio Sur 88.3 sagte er, dass die jungen Mapuche Fausto Jones Huala (der kleine Bruder von Facundo, Anm.d.Ü.) und Lautaro Gonzales Insider-Zeugen gewesen seien, weil sie bei Rafael Nahuel waren, als dieser erschossen wurde. Sie improvisierten eine Trage und trugen ihn vom Berg runter zur Straße. Als sie dort ankamen, haben dieselben Uniformierten, die zuvor über hundert Mal auf die Mapuche-Gemeinde geschossen hatten, ihnen Handschellen angelegt. Sie verfrachteten sie in ein Auto der Flughafenpolizei und hielten sie vier Tage lang gefangen. Die Anklage wegen Usurpation gegen Fausto Jones Huala [5] wurde Mitte März eingestellt, er erhielt aber eine sechsmonatige Bewährungsstrafe wegen Angriff auf die Staatsgewalt. Es wurde aber auch festgehalten, dass Jones Huala keine Waffen gegen die Mitglieder der Gruppe Albatros eingesetzt hatte. Das beweist, dass es keine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen den jungen Mapuche und der Gruppe Albatros gab, was Bullrich als Rechtfertigung für die Erschießung von Rafael Nahuel angeführt hatte.


Facundo Jones Huala noch immer in Haft

Der große Bruder von Fausto, "Facundo Jones Huala [6] sitzt in Chile eine Haftstrafe von neun Jahren wegen Brandstiftung ab", so der Journalist Rey und weiter: "Während des Gerichtsverfahrens wurden dafür keine schlüssigen Beweise geliefert, kein Zeuge konnte ihn identifizieren und die anderen Angeklagten wurden im gleichen Fall mit der gleichen Beweislage freigesprochen."

Zu diesem Thema gibt es zwei Audiobeiträge:

Radio onda (deutsch): Mapuche vs. Benetton: Indigene als Opfer einer globalisierten Weltwirtschaft
https://www.npla.de/podcast/mapuche-vs-benetton/

Radio matraca (spanisch): La lucha Mapuche
https://www.npla.de/podcast/la-lucha-mapuche/


Anmerkungen:
[1] https://www.npla.de/poonal/mapuche-vs-benetton-indigene-kaempfen-um-ihr-land/
[2] https://www.npla.de/poonal/santiago-maldonado-ist-tot-dieser-schmerz-kennt-keine-worte/
[3] https://www.npla.de/poonal/familienmitglieder-von-rafael-nahuel-auf-gedenkdemo-verhaftet/
[4] https://www.enestosdias.com.ar/
[5] https://www.npla.de/poonal/kommentar-polemische-gerichtsverfahren-bei-santiago-maldonado-co/
[6] https://www.npla.de/poonal/drei-weitere-mapuche-unterstuetzen-den-hungerstreik-des-lonko-facundo-jones-huala/


URL des Artikels:
https://www.npla.de/poonal/mapuche-siegen-ueber-benetton/


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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2019

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