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ARBEITSRECHT/051: Grundsatzurteil - Reisezeit gleich Arbeitszeit? (DAV)


Pressekonferenz anlässlich der 53. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) - Donnerstag, 8. März 2007

Reisezeit gleich Arbeitszeit? - Zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Juli 2006 - 9 AZR 519/05


Hamburg/Berlin(DAV). Das Bundesarbeitsgericht hat sich in dieser Grundsatzentscheidung mit einer Dauerproblematik der täglichen Arbeitsrechtspraxis beschäftigt: Es geht um die Frage, ob und inwieweit Reisezeiten während einer Dienstreise als Arbeitszeit einzuordnen sind. Nach Ansicht von Rechtsanwalt Dr. Jobst-Hubertus Bauer, Vorsitzender der DAV-Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht, ordnet das Bundesarbeitsgericht die Reisezeiten während einer Dienstzeit völlig zu Recht als Ruhezeit i.S. des Arbeitszeitgesetzes ein, wenn der Arbeitgeber zwar die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel anordnet, nicht aber die Erledigung von Arbeitsaufgaben während dieser Zeit vorschreibt. Ruhezeit ist der Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit herangezogen wird. Kann der Arbeitnehmer die Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln nach eigenem Belieben gestalten, kann es sich logischerweise nur um Ruhezeit und nicht im arbeitsvertragliche Arbeitszeit handeln.

Bauer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es damit ganz entscheidend darauf ankommt, welche Anordnung der Arbeitgeber trifft, ob also der Arbeitnehmer während der Reise seine Zeit frei gestalten kann oder ob er gehalten ist zu arbeiten. Offen ist nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nach wie vor, ob die Reisezeit auch dann Arbeitszeit ist, wenn der Arbeitgeber die Nutzung eines Pkw anordnet, den der Arbeitnehmer selbst lenkt. Dafür spricht nach Ansicht von Bauer einiges, weil der Arbeitnehmer in diesem Falle vernünftigerweise sich auf den Straßenverkehr konzentrieren muss und dies kaum als Ruhezeit angesehen werden kann. Nur beiläufig erwähnt das Gericht die Frage der Vergütung. Nach der Entscheidung sind Reisezeiten, die nicht als Arbeitszeit einzuordnen sind, zwar nicht vergütungspflichtig, für die dienstübliche Arbeitszeit schuldet der Arbeitgeber die Verfügung aber bereits nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs. Nicht bezahlen muss er dagegen Reisezeiten, die über die dienstübliche Arbeitszeit hinausgehen.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. ArbR 03/07 vom 8. März 2007
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
Tel. 030/72 61 52-1 29, Fax 030/72 61 52-1 93
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2007