Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → WIRTSCHAFT


INTERNATIONAL/256: Wasser und Strom für Südafrika und Lesotho (afrika süd)


afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 1, Januar/Februar 2015

Wasser und Strom

von Sabine Schulze


Die zweite Phase des Hochland-Wasserprojektes in Lesotho hat begonnen. Im März 2014 haben die Regierungen Südafrikas und Lesothos offiziell den Bau bekanntgegeben, der in diesem Jahr vorbereitet werden soll. Das größte Wasserprojekt der Region soll die Wasserversorgung Südafrikas weiter verbessern und Lesotho mit noch mehr Strom versorgen.


Das Abkommen über das Lesotho-Hochland-Wasserprojekt wurde bereits 1986 zwischen dem damaligen Apartheidsregime in Südafrika und der Regierung Lesothos unterzeichnet. Seit seiner Fertigstellung 2001 versorgt das Projekt die wasserarme Provinz Gauteng, das wirtschaftliche Herz Südafrikas, mit wertvollen Wasserressourcen aus den Hochlandebenen Lesothos. Es ist von hoher Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Region.

Drei Stauseen und ein komplexes Tunnelsystem wurden in der ersten Phase des Projektes gebaut, um Wasser des Orange-Senqu-Flusses in Lesotho nach Südafrika umzuleiten. Während Wasser in Südafrika ein knappes Gut ist, gibt es in Lesotho viel mehr, als das Land selbst verbrauchen kann. Lesotho erhält im Gegenzug für die Wasserexporte Geld für die eigene Staatskasse und wird darüber hinaus mit Elektrizität aus einem zum Projekt gehörenden Wasserkraftwerk versorgt.

Auf einer offiziellen Zeremonie in Tlokoeng, Lesotho, gaben der lesothische König Letsie III und der südafrikanische Präsident Jacob Zuma im März 2014 den offiziellen Start der zweiten Phase des Lesotho-Hochland-Wasserprojektes bekannt. Diese Phase umfasst den Bau des Polihali-Dammes, eines weiteren Tunnelsystems, welches Polihali mit dem bereits bestehenden Katse-Damm verbindet, sowie einen Ausbau des Muela-Wasserkraftwerkes in Lesotho. Die Umsetzung der zweiten Phase wird geschätzte 17 Mrd. Südafrikanische Rand (rund 1,2 Mrd. Euro) kosten. Mit den vorbereitenden Baumaßnahmen soll bereits in diesem Jahr begonnen werden, während der eigentliche Ausbau 2017 folgt. Die Baumaßnahmen sollen planmäßig im Jahr 2022 beendet sein. Dann können insgesamt 1200 Millionen m³ Wasser pro Jahr nach Südafrika umgeleitet werden.


Richtlinien gegen Korruption

Obwohl das Projekt bisher volkswirtschaftlich für beide Länder als Erfolg gewertet wird, gab es in der Vergangenheit immense Kritik vonseiten nichtstaatlicher Organisationen. Insbesondere die Nichtregierungsorganisation International Rivers kritisierte immer wieder die negativen Auswirkungen des Projektes auf die lokale Bevölkerung und das Ausbleiben der versprochenen Armutsreduktion. Viele der umgesiedelten Bewohner erhielten erst nach Jahren die versprochenen Kompensationsleistungen und profitierten nicht von den versprochenen Arbeitsplätzen. Auch von dem neu generierten Strom sah die Mehrheit der Bevölkerung nichts.

Korruptionsskandale, in die auch deutsche Unternehmen verwickelt waren, warfen weiterhin ein schlechtes Licht auf das Lesotho-Hochlands-Wasserprojekt. Neben Konzernen wie Lahmeyer International wurde auch der frühere leitende Geschäftsführer des Projektes Masupha Sole wegen Korruption verurteilt. Sole verbrachte für seine Annahme von Bestechungsgeldern neun Jahre im Gefängnis. Für kurze Irritation sorgte Soles Ernennung zum leitenden technischen Berater für die zweite Phase des Projektes kurz nach dessen Haftentlassung im Jahr 2011. Nach immensem öffentlichen Protest legte die südafrikanische Ministerin für Wasser und Umwelt Edna Molewa Widerspruch ein und konnte so Soles Ernennung rückgängig machen.

Um Korruptionsfälle in Zukunft zu verhindern, haben sich beide Länder bereits auf eine gemeinsame Anti-Korruptionsrichtlinie geeinigt. Außerdem wird zurzeit im Rahmen der zweiten Projektphase ein unabhängiges Aufsichtsgremium gebildet. Dieses wird voraussichtlich im April 2015 seine Arbeit aufnehmen. Das Gremium soll unter anderem Ausschreibungs- und Vertragsprozesse sowie die allgemeine Projektentwicklung und Einhaltung der Projektziele überwachen und somit Korruptionsskandale verhindern.

Der Ausbau des Lesotho-Hochlandprojektes reiht sich ein in eine Serie weiterer großer Wasserprojekte auf dem Kontinent. In Äthiopien wird derzeit der Grand Ethiopian Renaissance-Damm gebaut, um Wasserkraft zu gewinnen. Nach seiner Fertigstellung wird dies der größte jemals gebaute Damm auf dem Kontinent sein. In der Demokratischen Republik Kongo soll in naher Zukunft mit der Realisierung des Inga III Staudammes begonnen werden. Der durch das angeschlossene Wasserkraftwerk produzierte Strom (immerhin gigantische 4800 Megawatt) wird jedoch nicht in erster Linie für die Elektrifizierung kongolesischer Städte und Dörfer dienen, sondern hauptsächlich in Nachbarländer exportiert werden. Inwieweit die Basotho in Lesotho von der neuen Phase des Hochland-Wasserprojekts und den neuen Stromressourcen profitieren, wird sich zeigen.


Die Autorin ist Doktorandin der Politikwissenschaften an der Universität Leipzig und Research Fellow des Earth System Governance Project.

*

Weitere Artikel in afrika süd Nr. 1, Januar/Februar 2015

DAS ELEND DER REGENBOGENNATION
Hein Möllers kommentiert die Übergriffe gegen ausländische Laden- und Kioskbesitzer in Südafrika.

AKTUELL


NAMIBIA

SWAPO UNANGEFOCHTEN
Der überwältigende Wahlsieg der Swapo übertraf sogar deren eigene optimistische Prognosen. Henning Melber analysiert die Wahlen in Namibia vom November 2014.

DEM DRUCK GEBEUGT
Rolf-Henning Hintze sprach mit dem namibischen Wirtschaftsminister Calle Schlettwein über den Vertrag zur Wirtschaftspartnerschaft mit der Europäischen Union.


ANGOLA

ARROGANZ DER MACHT
Der frühere angolanische Ministerpräsident Marcolino Moco erklärt dem Journalisten Antonio Rocha die aktuelle politische Entwicklung in Angola.

REZEPTE MIT VERFALLSGARANTIE
Der Menschenrechtsaktivist Rafael Marques de Morais zeigt am Beispiel des diesjährigen Haushalts die Wirtschaftsprobleme Angolas und die verfehlten Rezepte der Regierung auf.


MOSAMBIK

EIN WEITER WEG
Interview von Heike Friedhoff mit dem Journalisten und Anwalt Arsénio Manhice über die Medienentwicklung in Mosambik.


SÜDAFRIKA: STADTENTWICKLUNG

COSMO CITY
Das neue Viertel im Nordwesten von Johannesburg ist ein Beispiel für integrierende Stadtentwicklung in Südafrika. Die Geographen Ingrid Jacobsen und Christoph Haferburg illustrieren die Stadtplanung in Cosmo City.

WOHNUNG IST GRUNDRECHT
Ellen Chauke, Aktivistin im Johannesburger Township Alexandra, berichtet über ihre Arbeit im Anti-Privatisierungsforum.

MABONENG - A PLACE OF LIGHT
Das neue Viertel Maboneng in der Johannesburger Innenstadt durchstreift Jessica Gärtner.

KAPSTADT - GERECHTIGKEIT IN DER LANDVERTEILUNG
Der Aktivist Zackie Achmat über das Recht auf Wohnen und mehr Gerechtigkeit in der Stadtstruktur.

DIE SAAT GEHT AUF
Marina Larsen stellt das innovative Seed-Projekt zum Gemüseanbau in Mitchells Plain bei Kapstadt vor.


TANSANIA

DIE ANGST VOR DEM URAN
Tansania will einer der größten Uranproduzenten der Welt werden. Menschen im Umfeld der Uranminen fürchten um ihre Gesundheit und Existenz. Der Journalist Jonathan Focke weiß warum.


LESOTHO

WASSER UND STROM
Die zweite Phase des Hochland-Wasserprojektes in Lesotho hat begonnen. Sabine Schulze kennt dessen Tragweite.


SÜDAFRIKA

VON "DE VOORTREKKERS" BIS "TSOTSI"
Die südafrikanische Filmindustrie zählt zu den ältesten weltweit. Martin Botha führt durch 120 Jahre Kino und Filmproduktionen in Südafrika.


SERVICE

REZENSIONEN

*

Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
44. Jahrgang, Nr. 1, Januar/Februar 2015, S. 33 - 34
Herausgeber: informationsstelle südliches afrika e.V. (issa)
Königswinterer Straße 116, 53227 Bonn
Tel.: 0228 / 46 43 69, Fax: 0228 / 46 81 77
E-Mail: issa@comlink.org
Internet: www.issa-bonn.org
 
"afrika süd" erscheint mit 6 Heften im Jahr
Jahresabonnement Euro 35,-


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. April 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang