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INTERNATIONAL/154: Äthiopien - Grassierende Korruption hemmt Entwicklung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Juni 2013

Äthiopien: Grassierende Korruption hemmt Entwicklung

von Ed McKenna


Bild: © Omer Redi/IPS

Trotz des Wirtschaftsbooms bleibt Äthiopien eines der ärmsten Länder der Welt
Bild: © Omer Redi/IPS

Addis Abeba/London, 18. Juni (IPS) - Seit einigen Jahren ist Äthiopien unter den nicht Erdöl produzierenden Ländern Afrikas sicherlich eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften. Doch die Korruption in dem Staat am Horn von Afrika schreckt ausländische Investoren ab, die längerfristige Partnerschaften in Entwicklungsländern suchen.

Am 11. Mai kam es zu der größten Razzia der letzten zehn Jahre. Mehr als 50 Geschäftsleute und hochrangige Regierungsbeamte wurden festgenommen. Auch der Generaldirektor der Zollbehörde im Rang eines Ministers, Melaku Fanta, und dessen Stellvertreter Gebrewahid Woldegiorgis wurden wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung inhaftiert.

Die Festnahmen haben ein Schlaglicht auf das ungeheure Ausmaß der Korruption im Lande geworfen. Für Berhanu Assefa von der Föderalen Ethik- und Antikorruptionskommission Äthiopiens verdeutlichen sie, wie sehr die Korruption in die höchsten offiziellen Kreise vorgedrungen ist. Besonders anfällige Bereiche seien die Grundstücksverwaltung, der Steuer- und Finanzsektor, die Justiz und die Telekommunikation.

Auf dem Index der Anti-Korruptionsbehörde 'Transparency International' steht Äthiopien unter 176 Staaten auf Platz 113. Nach Erkenntnissen der Organisation 'Global Financial Integrity' (GFI) hat Äthiopien seit dem Jahr 2000 etwa zwölf Milliarden US-Dollar infolge illegaler Finanzflüsse verloren. Die Zahlen basieren auf Daten der äthiopischen Regierung, der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF).


Neue Regierung will große Geber beruhigen

Getachew Begashaw, Wirtschaftswissenschaftler am 'Harpers College' in den USA, hält die kürzlich erfolgten Festnahmen hochrangiger Persönlichkeiten für eine politische Inszenierung, um große Geber wie die Weltbank und den IWF zu beeindrucken. Der Regierung von Ministerpräsident Hailemariam Desalegn versuche sich im Kampf gegen die Bestechlichkeit glaubwürdig darzustellen. Desalegn ist seit dem Tod von Meles Zenawi im August 2012 im Amt.

Begashaw wirft der Regierung vor, nicht nur die Geber, sondern auch das eigene Volk zu täuschen. "Viele äthiopische Geschäftsleute, die nicht der Regierungspartei angehören, beklagen sich. Dies dringt zu den Leuten auf den Straßen durch."

Nach Angaben der Weltbank machen die äthiopischen Unternehmen, die dem 'Endowment Fund for the Rehabilitation of Tigray' (EFFORT) angehören, gut die Hälfte der Wirtschaft aus. Das Imperium steht der regierenden Vier-Parteien-Koalition EPDRF nahe und wurde mit Kapital gegründet, das die EPDRF 1991 zusammenbrachte, um die rückständige Region Tigray im Norden des Landes voranzubringen. Die wichtigste Partei in dem Regierungsbündnis ist die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF).

Bild: © Elias Asmare/IPS

Hirten in Äthiopien
Bild: © Elias Asmare/IPS

Die Bewohner der Region stellen allerdings gerade einmal acht Prozent der insgesamt rund 90 Millionen Äthiopier. Abebe Gellaw, der im Exil lebende Gründer der unabhängigen Internet-Informationsplattform 'Addis Voice', betrachtet EFFORT als ein Instrument der Elite von Tigray, mit dem sich diese das Monopol auf die Quellen des Wohlstands sichert.

"Die TPLF kontrolliert die wichtigsten Regierungsinstitutionen und einen erheblichen Teil der Wirtschaft. Seit mehr als 15 Jahren wird EFFORT von der Partei missbraucht, um sich an den öffentlichen Geldern zu bereichern, die aus illegalen Geschäften, Verträgen durch Steuerhinterziehung, Bestechlichkeit und allen möglichen Formen unrechtmäßiger Operationen zusammenkommen", kritisiert Gellaw.


Ex-Präsident häufte privat Milliarden Dollar an

Azeb Mesfin, die Witwe des verstorbenen Regierungschefs Meles, verwaltet zurzeit das milliardenschwere Unternehmen. Wie sie betont, hatte ihr verstorbener Mann lediglich ein bescheidenes Gehalt von 250 Dollar im Monat bezogen. Doch der Website 'The Richest.org' ist zu entnehmen, dass Meles einer der reichsten politischen Führer in Afrika gewesen war, der ein persönliches Vermögen von drei Milliarden Dollar anhäufen konnte.

Illegale Finanzflüsse aus Korruptionsgeschäften behindern die Entwicklung eines Landes und unterlaufen die Institutionen, die Wirtschaft und Gesellschaft des Landes. Dem aktuellen Fortschrittsbericht für Afrika 2013 des 'Africa Progress Panel' zufolge verliert der Kontinent durch das Abfließen solcher Gelder mehr, als er durch Hilfen und ausländische Direktinvestitionen einnimmt. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.gfintegrity.org/
http://www.transparency.de/
http://www.effortgroup.org/
http://www.ipsnews.net/2013/06/examining-the-depths-of-ethiopias-corruption/

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IPS-Tagesdienst vom 18. Juni 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2013