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INTERNATIONAL/128: Südafrika - Handelspartnerschaft mit Brasilien stößt an seine Grenzen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Januar 2013

Südafrika: Handelspartnerschaft mit Brasilien stößt an seine Grenzen

von John Fraser



Johannesburg, 14. Januar (IPS) - Während die BRICS-Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zusammenrücken, um sich international als einflussreicher Staatenblock zu positionieren, zeigt der Streit um brasilianische Hühnerfleischimporte für Südafrika, dass die Solidarität unter den BRICS-Mitgliedern durchaus Grenzen hat.

Im letzten Monat erklärte der südafrikanische Handelsminister Rob Davies, sich für eine generelle Erhöhung der Einfuhrzölle auf Hühnerfleischimporte einzusetzen. Damit reagierte er auf Dumping-Vorwürfe gegen Brasilien.

Nach Ansicht des Handelsexperten Duane Newman, Leiter der Beratungsfirma 'Cova Advisory' mit Sitz in Johannesburg, könnte die Entscheidung jedoch ungewollte Nebeneffekte mit sich bringen. Newman zufolge werden Argentinien und einige asiatische Staaten die allgemeine Anhebung der Zölle für Hühnerfleisch von derzeit 27 auf 82 Prozent schmerzlich zu spüren bekommen. Es werden bereits Anti-Dumping-Zölle gegen Hühnerfleischimporte aus den USA erhoben.

Eine Untersuchung der südafrikanischen Handelskommission ITAC über den Hühnerfleischhandel zwischen beiden Ländern im Zeitraum 2008 bis 2010 hat die Vorwürfe untermauert, nach denen Brasilien den südafrikanischen Markt sowohl mit ganzen Hühnern als auch mit knochenlosen Hühnerfleischstücken zu Billigpreisen überschwemmt und dadurch die lokalen Produzenten geschädigt hat.


Kommission bestätigt Dumpingvorwurf

Dem ITAC-Bericht zufolge ist Südafrika berechtigt, Anti-Dumping-Zölle zu erheben, wenn es eine Differenz zwischen den Verkaufspreisen gibt, die auf dem einheimischen Markt erzielt werden, und den Exportpreisen, wenn die Hersteller in den Importländern dadurch einen materiellen Schaden erleiden und wenn es ferner einen Kausalzusammenhang zwischen den Importen und dem Schaden gibt.

Die ITAC-Studie kommt zu dem Schluss, dass die nach Südafrika importierten ganzen brasilianischen Hühner preiswerter als einheimisches Geflügel waren und von den Verbrauchern vorzugsweise gekauft wurden. Den südafrikanischen Hühnerfleischproduzenten sind dadurch finanzielle Schäden und mögliche Wachstumseinbußen entstanden. Die Studie hält fest, dass zwischen 2008 und 2010 ganze Hühner aus Brasilien einen Anteil von 36 bis 44 Prozent an dem südafrikanischen Geflügelimportmarkt hatten.

Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kam die ITAC auch im Fall von brasilianischem Hühnerfleischteilen. Auch hier kam es zu Preisdumping auf Kosten der südafrikanischen Produzenten, die einen Rückgang ihrer Verkäufe, Einnahmen, Marktanteile und Wachstumseinbußen hinnehmen mussten.

"Zum damaligen Zeitpunkt war Brasilien der größte Exporteur dieser Hühnererzeugnisse in die Zollgemeinschaft SACU. Seine Ausfuhren haben den SACU-Produzenten geschadet", so auch Francois Dubbelman von der Handelsberatungsfirma 'F. C. Dubbelman Associates', der unter anderem für den Südafrikanischen Verband der Geflügelzüchter beratend tätig ist.

Mindestens fünf Jahre lang ist nichts getan worden, obwohl die ITAC die Dumping-Preise und materiellen Einbußen auf südafrikanischer Seite bestätigt hatte. Im Januar 2012 verlangte Südafrika schließlich vorübergehende Zahlungen von sechs bis 62 Prozent auf brasilianische Importe, versäumte es dann jedoch, einen Schritt weiter zu gehen und speziell gegen Brasilien Anti-Dumping-Zölle zu erheben. Stattdessen sollen nun alle Hühnerfleischimporte mit Anti-Dumping-Zöllen belegt werden.

Newman hält die Entscheidung für "merkwürdig". Es sei unklar, was den Minister zu seinem Vorstoß veranlasst habe, der sich nicht mit den ITAC-Empfehlungen decke. Einige Experten sind der Meinung, dass Davies damit auf die Beschwerde Brasiliens im vergangenen Sommer gegen die südafrikanischen Aufschläge reagiert habe. Hätte Brasilien die vorübergehenden Zahlungen in Anti-Dumping-Zölle umgewandelt, wäre Brasilien sofort vor die Welthandelsorganisation gezogen, um sie zu verhindern, meinen sie.

Doch Dubbelman hält die Theorie für unwahrscheinlich. "Länder ziehen regelmäßig vor die WTO und Brasilien ist ein gutes Beispiel dafür, unabhängig davon, ob es damit auf festem Boden steht oder nicht", meint er.

Der Oppositionspolitiker Wilmot James erklärte gegenüber der Zeitung 'Business Day' in Johannes, dass die Strategie von Davies nicht ausreichen wird, um die südafrikanischen Hühnerfleischproduzenten zu stärken. Anstatt gegen die brasilianische Dumping-Politik zu kämpfen, verstecke sich der Handelsminister hinter allgemeinen Zolltarifen, kritisierte er. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.itac.org.za/
http://www.ipsnews.net/2013/01/south-africa-brazil-trade-partnership-hits-potholes/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Januar 2013