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INTERNATIONAL/095: Afrika - Indischer Einfluss nimmt zu, China um besseres Ansehen bemüht (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. Mai 2012

Afrika: Indischer Einfluss nimmt zu - Wachstumsmotor China um besseres Ansehen bemüht

von Kristin Palitza


Chinesische Bauarbeiter vor neuem Fünf-Sterne-Hotel in Malawi - Bild: © Claire Ngozo/IPS

Chinesische Bauarbeiter vor neuem Fünf-Sterne-Hotel in Malawi
Bild: © Claire Ngozo/IPS

Kapstadt, 25. Mai (IPS) - Die beiden asiatischen Wirtschaftsgiganten Indien und China haben Afrika zu einem unerhörten Handels- und Investitionsaufkommen verholfen. Während den Indern der Ruf vorauseilt, mit ihren Projekten auch auf das Wohl der Afrikaner bedacht zu sein, gelten Chinesen als rücksichtslos. Doch Handelsexperten warnen vor voreiligen Schlüssen.

Das Bild vom guten und vom schlechten Finanzier sei viel zu kurz gegriffen, um die Realität richtig wiederzugeben, meinten Teilnehmer einer Konferenz, die das 'Open Society Institute of Southern Africa' vom 22. bis 24. Mai in Kapstadt in Südafrika veranstaltet hat. Das Thema war 'Money, Power and Sex: The Paradox of Unequal Growth'.

Die Verhaltensweise ausländischer Anleger liege letztendlich in der Verantwortung der afrikanischen Staaten, hieß es in Kapstadt. "Beim Abschluss von Verträgen reizen wir unsere Möglichkeiten nicht aus, um die Investitionen anzuziehen, die wir brauchen", sagte Buddy Kuruku, politischer Berater des Afrikanischen Zentrums für wirtschaftlichen Wandel, einer Denkfabrik mit Sitz in Liberia. Würde Afrika Entwicklung zu einem Schwerpunkt machen, könnten die 54 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union (AU) die Investitionen der asiatischen Länder besser kontrollieren.

"Weltmächte konkurrieren um die Präsenz auf unserem Kontinent. Davon kann der Kontinent nur profitieren", meinte auch Zhongying Pang, Professor für internationale Beziehungen der Renmin-Universität in Peking. "Würden die AU-Länder solidarisch zusammenarbeiten, müssten sie sich über die Präsenz Chinas und Indiens keine Sorge machen."


Afrika umworben wie noch nie

Auch wenn es noch verfrüht sei, die Auswirkungen der chinesischen und indischen Investitionen in Afrika zu bewerten - sicherlich dürften sie eher positiv als negativ gewesen sein, versicherte Howard French, der ehemalige Chef des New York-Büros der 'New York Times' und Mitglied der 'Open Society Foundation', der sich mit der Immigration von Chinesen in Afrika befasst. Er erinnerte daran, dass sich Afrika lange Zeit seine Handelspartner nicht aussuchen konnte.

Doch das hat sich geändert. Mit China und Indien, die mit Europa und Nordamerika um Investitionsmöglichkeiten konkurrieren, stehen den afrikanischen Ländern eine Vielzahl potenzieller Handelspartner zur Auswahl. Das verschafft ihnen mehr Möglichkeiten, die Spielregeln festzulegen.

Nach Angaben der Weltbank haben die indischen und chinesischen Direktinvestitionen in Afrika kräftig angezogen, wobei sich China als der größte einzelne Investor, Hilfeleister und Handelspartner positionieren konnte. Allein 2010 hatten die Abkommen über den Abbau von Rohstoffen und den Ausbau der Infrastruktur einen Wert von 127 Milliarden US-Dollar.

Indien ist zwar in einer deutlich schwächeren Position, doch nimmt der Einfluss des Subkontinents in der Region rasant zu. Die Handelsabkommen mit dem schwarzen Kontinent haben einen Wert von 46 Milliarden Dollar erreicht. Bis 2015 sollen die Investitionen um 70 Milliarden Dollar aufgestockt werden. "China ist sicherlich für Afrika der entscheidende Wirtschaftswachstumsmotor. Doch Indien ist dabei, seine Investitionen in die Rohstoffproduktion auszuweiten", bestätigte French.

Gleichzeitig haben sich in den letzten fünf Jahren die afrikanischen Exporte nach Asien verdreifacht. Sie machen inzwischen 27 Prozent aller asiatischen Importe aus, wie Zahlen der Weltbank von 2010 belegen. Der Trend hin zu einem rapide wachsenden Süd-Süd-Handel ist nicht zu übersehen und war bereits im Dezember 2010 absehbar, als sich Südafrika der Gruppe der BRIC-Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China anschloss.

Chinas Vordringen in Afrika wird nicht zuletzt deshalb kritischer gesehen als der indische Vorstoß, weil es meist große Staatsunternehmen sind, die sich Großaufträge wie den Bau von Stadien, Autobahnen und Eisenbahntrassen an Land ziehen. Finanziert werden die Projekte häufig mit staatlichen oder multilateralen Fördermitteln.


China will Image verbessern

Das indische Engagement in Afrika wird vor allem durch private Unternehmen getragen, die auf Expansion aus sind. Sie hätten für Afrikaner, was Arbeitsplatzbeschaffung und Wissenstransfer angeht, mehr zu bieten als chinesische Staatsbetriebe, meinte Kuruku.

China ist jedoch bemüht, sein schlechtes Image aufzubessern. So will es seine Außenpolitik mit Afrika einer Revision unterziehen. "Wir haben von der Kritik an unserer Investitionspolitik gelernt", versicherte Pang. "Will China in Afrika weiterhin eine Rolle spielen, sollte es an dem Prinzip der Nichteinmischung festhalten, gleichzeitig jedoch neue Wege gehen. Dazu zählen multilaterale Interventionen ebenso wie eine umsichtige Landbesitzpolitik." Chinesische Unternehmen sollten sich zudem stärker an lokalen Arbeits- und Umweltbestimmungen orientieren, den Wissenstransfer erleichtern und ihre Industrieproduktion ausbauen.

Es gibt zahlreiche Stimmen, die der Meinung sind, dass Indien in der Bewertung allzu gut weg kommt. "Indien hat in den Kauf von Agrarland investiert, um die Inflation der Nahrungsmittelpreise zu Hause zu bekämpfen. Die indischen Arbeitsrechte sind nicht besser als die chinesischen", meinte Aniket Alam, Redakteur der Zeitschrift 'Economic and Political Weekly' mit Sitz in Mumbai. "Ausbeutung, Korruption und Bestechung sind in Indien verbreitet." Wie China sei auch Indien in erster Linie daran gelegen, mit Hilfe ölreicher Staaten wie Nigeria, Sudan und Angola seinen wachsenden Energiehunger zu stillen.

China und Indien haben ihre Industrien modernisiert und der Mittelschicht zu steigenden Einkommen und wachsender Kaufkraft verholfen. Dadurch hat sich die Nachfrage nach Rohstoffen[,] aber auch weiterverarbeiteten Produkten wie Gebrauchsgütern und Nahrungsmitteln erhöht. Afrika sieht sich durchaus in der Lage, diese Nachfrage zu befriedigen. (Ende/IPS/kb/2012)


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http://acetforafrica.org/about-us/
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Mai 2012