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INTERNATIONAL/073: Simbabwe - Aus dem Geschäft gedrängt, Unmut über chinesische Konkurrenz (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Januar 2012

Simbabwe: Aus dem Geschäft gedrängt - Unmut über chinesische Konkurrenz

von Stanley Kwenda

Wing-Wah-Restaurant in Harare - Bild: Stanley Kwenda/IPS

Wing-Wah-Restaurant in Harare
Bild: Stanley Kwenda/IPS

Harare, 9. Januar (IPS) - Alec Marembo konnte sich mit der Herstellung von Ziegelsteinen in Dzivarasekwa, einem Viertel im Norden der simbabwischen Hauptstadt Nairobi, eine Existenz aufbauen. Doch dann ging es mit der Wirtschaft bergab. Zwar gelang es ihm zunächst, den Zusammenbruch seines Betriebs abzuwehren. Doch dann scheiterte er an der chinesischen Konkurrenz.

"Ich kann es nicht fassen, dass unsere Regierung Chinesen erlaubt, hierher zu kommen, in kleine Geschäfte einzusteigen, die wir für Familienbetriebe halten, und diese als Investitionen gelten lassen", sagt er und blickt in die Richtung einer nahe gelegenen chinesischen Ziegelei.

Seit 2004 strafen Großbritannien, USA und andere westliche Staaten Simbabwe mit Sanktionen für begangene Menschenrechtsverletzungen ab. Ein Grund für Staatspräsident Robert Mugabe, sich in Asien nach Investoren umzusehen. Die Öffnung des Landes ermutigte China und andere asiatische Staaten, in Simbabwe zu investieren. Anders als westliche Staaten stellt Peking keine Bedingungen an seine Kooperationspartner.

Die Wirtschaftskrise im letzten Jahrzehnt hatte zur Schließung etlicher lokaler Industriebetriebe geführt. Aus diesem Grund waren die Simbabwer zunächst hocherfreut über die Ankunft der chinesischen Investoren. Doch inzwischen ist die Begeisterung merklich abgekühlt.

"Chinesen und andere Investoren sind willkommen, solange sie in Arbeitsplätze für die Lokalbevölkerung investieren", meint dazu Thulani Mkwebo, der Besitzer eines Ladens in der Innenstadt von Harare. "Wenn ich entscheiden dürfte, ich würde sie des Landes verweisen." Solche Ressentiments sind inzwischen in vielen Teilen Simbabwes anzutreffen.


Streiks

Erst kürzlich kam es in etlichen chinesischen Betrieben zu Streiks. So legten rund 600 simbabwische Bauarbeiter ihre Arbeit bei der 'Anhui Foreign Economic Construction Company' (AFECC) nieder, um gegen körperliche Gewalt, lange Arbeitszeiten und einem Tagesverdienst von vier US-Dollar zu protestieren. Der von Simbabwes Nationalem Beschäftigungsrat festgesetzte Mindestlohn liegt bei ein bis 1,50 Dollar pro Stunde.

Das Unternehmen baut derzeit eine 98 Millionen Dollar teure Militärakademie außerhalb von Harare. Der von China bereitgestellte Kredit wird mit simbabwischen Diamanten getilgt. Nach Angaben des simbabwischen Bergbauministeriums beutet AFECC in Zusammenarbeit mit dem simbabwischen Militär derzeit eine Diamantenmine im Osten Simbabwes aus.

Die Chinesen interessieren sich aus vielen Gründen für das Land südlich der Sahara. Doch besonders attraktiv sind für sie Einzelhandel, Bergbau, Bau- und Landwirtschaft.

Aus einem Bericht der 'Zimbabwe Economic Policy Analysis and Research Unit' geht hervor, dass die simbabwischen Exporte in die Volksrepublik von 100 Millionen Dollar im Jahr 2000 auf 167 Millionen 2003 gestiegen sind. 2009 beliefen sie sich dann auf 140 Millionen Dollar. Die Importe aus China stiegen von 30 Millionen Dollar 2000 auf 197 Millionen Dollar 2007 und fielen 2008 deutlich zurück.

Simbabwe exportiert vor allem Rohstoffe nach China. Hauptausfuhrprodukte sind Tabak und Mineralien. Simbabwe wiederum wird mit Krediten und 'ZhingZhongs' versorgt, wie Billigwaren in dem afrikanischen Land genannt werden.

Dass die Chinesen lokale Geschäftsleute, vor allem die kleinen grenzüberschreitenden Händler, aus dem Geschäft treiben, sorgt in Simbabwe für Unmut. Gegen ihre preiswerten Produkte kann kein Simbabwer mithalten.

Nach Ansicht von Mara Hativagone, der ehemaligen Präsidentin der Simbabwischen Handelskammer ZNCC und Vorsitzenden der Simbabwischen Investitionsbehörde (ZIA), sollte das Kleingewerbe ausschließlich der lokalen Bevölkerung vorbehalten sein.


Technologie-Transfer

"Wir erwarten von Ausländern vor allem einen Technologie-Transfer", sagt sie. Chinesen sollten aus den guten Beziehungen zwischen beiden Ländern kein Kapital ziehen, indem sie Simbabwer aus dem Geschäft drängten. "Simbabwer haben keine Chance, mit Chinas Niedriglohn- und Massenproduktionssektor Schritt zu halten, zumal unsere Industrien die Hälfte der Zeit über kein Wasser und keinen Strom verfügen."

Den Chinesen warf sie vor, die Behörden hin und wieder auszutricksen. So komme es vor, dass sie sich bei der Simbabwischen Investitionsbehörde die Genehmigung für ein Industrieunternehmen verschafften, dann aber Hotels und Restaurants mit bombastischen chinesischen Namen wie 'Wing Wah International' und Shangri-la' aufmachten.

Chris Mutsvangwa, von 2002 bis 2007 simbabwischer Botschafter in China, führt heute die Firma MONCRIS, die Chinesen hilft, in Simbabwe Fuß zu fassen. Er hält es für unwahrscheinlich, dass die Chinesen in die Bereiche vordringen werden, die für die Lokalbevölkerung bestimmt sind.

Nach dem Start des simbabwischen Landreformprogramms im Jahr 2000 hatten US-Unternehmen in Scharen das Land verlassen, um sich in Südafrika nach neuen Investitionsmöglichkeiten umzusehen. Auf diese Weise sah sich Simbabwe um Deviseneinnahmen in Millionenhöhe gebracht.

Peking ist sich der Ängste der Simbabwer durchaus bewusst, warnt aber davor, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu gefährden. "China versteht das Bedürfnis nach Indigenisierung und Empowerment, wir hoffen aber, dass Simbabwe die legitimen Rechte der chinesischen Geschäftsleute im Land respektiert", erklärte Chinas Vizepremier Wang Qishan bei einem Harare-Besuch im letzten Jahr.

In Simbabwe gibt es aber auch eine Vielzahl von Menschen, denen die Chinesen willkommen sind. "Wir lieben sie. Sie bringen uns preiswerte Güter. Wer sie loswerden will, sollte erst mal für Arbeitsplätze sorgen", meint etwa Zvikomborero Moyo, die in einem kleinen Laden in Harare arbeitet. "Mit chinesischer Hilfe können wir ein Geschäft aufmachen, chinesische Waren zu Spottpreisen einkaufen und sie später in den Stadteilen weiterverkaufen. Auf diese Weise haben wir ein Auskommen." (Ende/IPS/kb/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Januar 2012