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INTERNATIONAL/020: Südliches Afrika - Nicht-tarifäre Handelsbarrieren unterminieren Freihandel (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. März 2011

Südliches Afrika: Nicht-tarifäre Handelsbarrieren unterminieren Freihandel

Von Servaas van den Bosch


Windhuk, 14. März 11 (IPS) - Trotz regionaler Initiativen, die sogar die Möglichkeit einer Freihandelszone vom Kap bis Kairo in Erwägung ziehen, erleben nicht-tarifäre Handelsbarrieren im südlichen Afrika derzeit eine Hochkonjunktur.

Die Handelsminister der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) stimmten auf dem regionalen Wirtschaftsintegrationstreffen am 4. März im namibischen Windhuk ihr altes Lied von der wirtschaftlichen Integration an. Fortschritte jedoch, die überwiegend politische Allianz in einen regionalen Wirtschaftsblock zu verwandeln, lassen auf sich warten. Der freie Transfer von Mensch und Gütern ist entgegen eines seit 2008 bestehenden SADC-Freihandelsabkommens ausgeblieben.

"Wir arbeiten erfolgreich mit Regierungen zusammen, um nicht-tarifäre Handelsbarrieren etwa an den Grenzposten abzuschaffen, um dann mitansehen zu müssen, dass sie ein halbes Jahr später wieder errichtet werden", klagte Gilbert Boois, Projekt- und Finanzbeauftragter bei der 'Walvis Bay Corridor Group', die den Handel von Binnenländern im südlichen Afrika mit dem namibischen Hafen Walvis Bay am Pazifik voranbringen will.

Der sambische Handelsberater John Kasanga kann zahlreiche Beispiele bringen: So schützt Sambia seine Zuckerindustrie vor preiswerterem Zucker aus Simbabwe mit der Auflage, dass der Importzucker mit Vitamin A angereichert sein muss. Simbabwe wiederum blockt sambische Erdbeeren ab, indem es verlangt, dass jede Schifflieferung mindestens eine Tonne der fragilen Früchte beinhaltet.

In der gesamten Region gehen die Länder dazu über, ihre sensiblen Industrien zu schützen, indem sie etwa den Milchimporteuren aus den Nachbarländern das Leben schwer machen. So stehen Laster oftmals Wochen an den Grenzübergängen und müssen teure und zeitaufwendige Zollprozeduren über sich ergehen lassen. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Länder bei der Harmonisierung ihrer regionalen Standards hinterherhinken.

"Einige Mitglieder des SADC-Freihandels kommen nicht voran (...) und arbeiten nicht an einer regionalen Integration", kritisierte die Handelsbeauftragte im namibischen Handelsministerium, Annascy Mwanyangapo.

Die Probleme haben dazu geführt, dass die für 2010 geplante Zollunion bis auf weiteres verschoben werden musste. Eine aus Ministern bestehende Arbeitsgruppe sei mit der SADC-Zollunion befasst und werde entsprechende Vorschläge für die weitere Verfahrensweise bis Ende des Jahres erarbeiten, ließ der SADC-Exekutivsekretär Tomás Salomão wissen.


"Kreislauf der klugen Köpfe"

"Wir dürfen uns aber nicht länger auf Lippenbekenntnisse beschränken", meinte der Vorsitzende des SADC-Rats, der namibische Handelsminister Hage Geingob, im Anschluss an das Treffen vom 4. März. "Geschäftsleute und Bürger sollten sich frei in der Region bewegen können. Wir sollten aufhören davon zu reden, dass Afrikaner anderen Afrikanern ihre Jobs wegnehmen könnten, sondern eine solche Bewegung als einen Kreislauf der klugen Köpfe betrachten."

Ein weiteres Problem ist, dass die die Säule der SADC-Zollunion, die SACU, wackelt, seitdem Südafrika mit den kleineren Nachbarn Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland (BLNS) über Zölle und Zolleinnahmen streitet. Der Zwist offenbart die Kluft zwischen der Forderung Pretorias nach einer Marktverbreiterung einerseits und den Entwicklungszielen der deutlich kleineren SACU-Partner andererseits.

Eine Ausweitung der SACU würde die Kluft nur noch vergrößern, fürchten Beobachter. "Die Staaten werden sich wohl entscheiden müssen, ob sie einer von Südafrika dominierten Zollunion angehören oder ihrer eigenen Wege gehen wollen", meinte dazu Geingob.

Nach Ansicht des SADC-Exekutivsekretärs Salomno könnten die Staaten nach dem Prinzip der 'variablen Geometrie' verfahren und der Zollunion beitreten, wann immer sie dazu bereit seien. "Vielleicht sollte die SADC mit den fünf SACU-Stataen beginnen und dann ein weiteres Land nach dem anderen aufnehmen", schlug er vor.

Wie langsam der Weg bis zur SADC-Zollunion sein mag, ein Freihandelsabkommen zwischen den Blöcken SADC und den beiden größeren Wirtschaftsgemeinschaften Gemeinsamer Markt für das östliche und südliche Afrika (COMESA) und Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) wird offenbar als dringlich betrachte.

Auf dem Spiel steht nicht zuletzt eine Freihandelszone aus 26 Staaten, 527 Millionen Verbrauchern und einem kombinierten Bruttoinlandsprodukt von 624 Milliarden US-Dollar. Eine solche Freihandelszone vom Kap bis Kairo würde mehr als die Hälfte des kontinentalen Reichtums und der afrikanischen Bevölkerung ausmachen. (Ende/IPS/kb/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2011