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GEWERKSCHAFT/975: ver.di begrüßt Kabinettsentwurf zum allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 2. April 2014

ver.di begrüßt Kabinettsentwurf zum allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn - Ausnahmen sind überflüssig und schädlich



Berlin, 02.04.2014 - Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt den Kabinettsentwurf der Bundesregierung zum allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. "Es ist richtig und überfällig, dass Deutschland ab 2015 endlich einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn einführt. Das macht Schluss mit Hungerlöhnen und erkennt an, dass die Würde der arbeitenden Menschen ihren Wert und Arbeit ihren Preis hat", sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske am Mittwoch in Berlin. "Der Mindestlohn von zunächst 8,50 Euro schützt Beschäftigte vor Lohndumping und stabilisiert damit auch bessere tarifliche Entgeltregelungen. Deshalb ist es gut, dass die Bundesregierung für den flächendeckenden Mindestlohn keine regionalen oder Branchenausnahmen vorsieht."

Sehr kritisch beurteilt ver.di allerdings die geplanten Ausnahmen für Jugendliche und Langzeitarbeitslose. "Langzeitarbeitslose für sechs Monate vom allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn auszunehmen ist völlig verfehlt", betonte Bsirske. "Es ist abwegig, die Vermittlungshemmnisse für Langzeitarbeitslose an der Lohnhöhe festzumachen. Im Gegenteil wird bei einer Einstellung zum Niedriglohn die Hürde nach sechs Monaten beim Sprung auf 8,50 Euro noch höher." Zudem sei die Annahme, Hungerlöhne brächten Langzeitarbeitslose in Arbeit, in den vergangenen Jahren trotz einer drastischen Ausweitung des Niedriglohnsektors eindeutig widerlegt worden. "Es ist Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit, die zur Verfügung stehenden arbeitsmarktpolitischen Instrumente zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gezielt zu nutzen, um Vermittlungshemmnisse zu beseitigen", unterstrich Bsirske. Stattdessen werde ein Einfallstor eröffnet, das Arbeitgebern die regelmäßige Umgehung des Mindestlohns ermögliche.

Auch die Ausnahme für Jugendliche sei unangebracht. "Es gibt trotz geltender Branchenmindestlöhne und höherer Tarifentgelte für ungelernte Tätigkeiten keinerlei praktische Belege dafür, dass Jugendliche sich bisher gegen eine Ausbildung entschieden hätten, um kurzfristig mehr Geld zu verdienen", sagte Bsirske. Vielmehr zeigten Erfahrungen im Ausland, etwa den Niederlanden, dass es dadurch vor allem in klassischen Niedriglohnbereichen des privaten Dienstleistungsgewerbes wie Handel oder Gastronomie zu erheblichen Verdrängungseffekten von älteren durch jüngere Arbeitnehmer komme.

Die ab Januar 2015 geltende Mindestlohn-Höhe von 8,50 Euro sei zudem nur ein erster wichtiger Schritt. "Mit 8,50 Euro liegen Arbeitnehmer in Vollzeit noch unter der Pfändungsfreigrenze. Damit Arbeit nicht arm macht, muss der Mindestlohn bereits vor 2018 rasch in Richtung zehn Euro angehoben werden", forderte Bsirske.

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Quelle:
Presseinformation vom 02.04.2014
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Christoph Schmitz - ver.di-Bundesvorstand
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2014