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GEWERKSCHAFT/1761: Mindestlohn sorgt für mehr Lohn und Beschäftigung - Gesetzgeber muss Tarifbindung stärken (DGB)


Deutscher Gewerkschaftsbund - Pressemitteilung vom 1.1.2019

Neue DGB-Analyse vier Jahre nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns

Mindestlohn sorgt für mehr Lohn und Beschäftigung - Gesetzgeber muss Tarifbindung stärken


Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2019 auf 9,19 Euro. Vier Jahre nach seiner Einführung zieht der DGB eine positive Bilanz. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte am Dienstag in Berlin:

"Der gesetzliche Mindestlohn hat für viele Beschäftigte mehr Lohn gebracht, er hat den privaten Konsum angekurbelt und so zum aktuellen Aufschwung beigetragen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist heute auf einem Höchststand. Die Unkenrufe von Arbeitgebern und Wirtschaftsforschern, es werde zu Arbeitsplatzverlusten führen, haben sich nicht bestätigt."

Dennoch sieht Körzell Verbesserungsbedarf: "Als größtem Auftraggeber obliegt es dem Staat, dafür zu sorgen, dass er seine Aufträge nur an tarifgebundene Unternehmen vergibt. Überdies ist der gesetzliche Mindestlohn als unterste Haltelinie heute nicht existenzsichernd. Er muss mittelfristig steigen und armutsfest sein."

Nach wie vor gebe es Betrügereien auf Arbeitgeberseite, deshalb "muss hier mehr kontrolliert werden. Die zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit braucht mehr Personal und muss verstärkt verdachtsunabhängig Stichproben machen können. Wer Gesetze nicht wirkungsvoll kontrolliert, sorgt für Gerechtigkeitslücken und verspielt Glaubwürdigkeit."

Neue DGB-Analyse:

Eine aktuelle DGB-Auswertung neuer Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Bundesagentur für Arbeit belegt die positiven Effekte auf die Verdienst- und Beschäftigungsentwicklung. Sowohl die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als auch die Löhne haben sich seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns Anfang 2015 positiv entwickelt. (Betrachtungszeitraum Anfang 2015 bis 2. Quartal 2018)

Bis Ende September 2018 lag das Plus der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland bei 9,6 Prozent. In den neuen Bundesländern (8,9 Prozent) fiel der Zuwachs ähnlich hoch aus wie in Westdeutschland (9,8 Prozent). Mehr als doppelt so hoch war der Anstieg sozialversicherungspflichtiger Teilzeit- und Vollzeit-Beschäftigung (ohne Minijobber) im Gastgewerbe mit 19,4 Prozent und im Bereich Information und Kommunikation mit 17,8 Prozent. Die Beschäftigten (zumeist Un- und Angelernte) profitierten mit einem Lohn-Plus von 9,4 Prozent seit Einführung des Mindestlohnes. Dies bedeutet einen Anstieg der Löhne von jährlich 2,6 Prozent. Der Anstieg der Löhne war dabei in Ostdeutschland (14,1 Prozent) stärker als in Westdeutschland (9,0 Prozent).

Beschäftigten- und Verdienstentwicklung im Detail:

Seit Einführung des Mindestlohns konnten die Beschäftigten (vor allem Un- und Angelernte) einen Lohnanstieg von 9,4 Prozent verzeichnen.

Im Gastgewerbe kam es bundesweit zu einem Anstieg der Löhne der Un- und Angelernten um 10,5 Prozent. In dieser Zahl sind MinijobberInnen nicht enthalten. In Ostdeutschland betrug der Zuwachs 17,9 Prozent, im Westen 9,8 Prozent.

Auch die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung verlief in Deutschland mit einem Zuwachs von 9,6 Prozent positiv (Ost: 8,9 Prozent, West: 9,8 Prozent).

Im Gastgewerbe ist der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Teilzeit- und Vollzeit-Beschäftigung (ohne Minijobber) mit 19,4 Prozent besonders stark ausgefallen. Im Wirtschaftszweig Heime und Sozialwesen gab es ein Plus von 15,4 Prozent (Ost: 14,5 Prozent, West: 15,6 Prozent). Aber auch im Wirtschaftszweig Verkehr und Lagerei gab es in Deutschland 16,3 Prozent mehr Beschäftigte (Ost: 15,5 Prozent, West: 16,5 Prozent).

Die wenig perspektivreichen und Altersarmut provozierenden Minijobs (hier: ausschließlich geringfügige Beschäftigung) sind in Gesamtdeutschland seit Einführung des Mindestlohns um 7,1 Prozent zurückgegangen (Ost: -10,2 Prozent, West: -6,6 Prozent). Rund die Hälfte der ausschließlich geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse wurde in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 1. Januar 2019
Deutscher Gewerkschaftsbund - Bundesvorstand
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Januar 2019

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