Hans-Böckler-Stiftung - 14.08.2017
Im Homeoffice oder mit völlig selbstbestimmten Arbeitszeiten fällt Abschalten besonders schwer - klare Regeln für Flexibilität nötig
Studie untersucht Folgen für Frauen und Männer
Extrem flexible Arbeitszeiten gehen häufig zulasten der Beschäftigten. Dabei sind die Folgen für Frauen andere als für Männer, zeigt eine neue Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung*.
Was ist für Arbeitnehmer am besten: feste Bürozeiten, Gleitzeit oder völlige Selbstbestimmung ohne konkrete Zeitvorgaben? Selbstbestimmung klingt gut, ist aber auch eine Einladung zur Selbstausbeutung, wie eine Analyse von Dr. Yvonne Lott zeigt. Die Böckler-Expertin für Arbeitszeiten hat untersucht, welche Zusammenhänge zwischen Arbeitszeitmodellen, Verhalten und Arbeitsbelastungen von Frauen und Männern bestehen. Die Auswertung basiert auf Angaben von gut 10.000 Personen aus der Haushaltsbefragung Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) der Jahre 2011 und 2012. Es zeigt sich:
Im Lichte dieser Erkenntnisse sei eine von Unternehmen häufig geforderte weitere Deregulierung der Arbeitszeitbestimmungen äußerst kritisch zu sehen, sagt Lott. Neben den negativen Konsequenzen für die Work-Life-Balance verschärfen Modelle wie die völlige Arbeitszeitautonomie auch die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Die Forscherin spricht vom "Risiko der Traditionalisierung von Partnerschaften", weil eine Seite - wahrscheinlich meist die Frau - der anderen den "Rücken frei halten" muss.
Dennoch hält Lott noch mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit grundsätzlich für vertretbar. Es müsse aber klare Regeln geben: zeitliche Obergrenzen, Zeiterfassung, realistische Vorgaben für das Arbeitspensum, genug Personal und Vertretungsregeln. Fortbildungen in "Grenzmanagement" für Beschäftigte und Vorgesetzte seien ebenso notwendig wie verlässliche Schichtpläne und eine Sensibilisierung aller Beteiligten für die geschlechtsspezifischen Folgen flexibler Arbeitsarrangements. Wenn diese Voraussetzungen nicht nur im Betrieb, sondern auch beim mobilen Arbeiten oder im Homeoffice gegeben sind, könnten durchaus neue Spielräume für selbstorganisiertes Arbeiten geschaffen werden - zum Beispiel durch ein Recht auf Homeoffice, das bislang ein Privileg einzelner Beschäftigtengruppen und vielen Arbeitnehmerinnen nicht gestattet ist.
Weitere Informationen unter:
https://www.boeckler.de/pdf/p_fofoe_WP_046_2017.pdf
- (*) Yvonne Lott: Stressed despite or because of flexible work
arrangements?, Working Paper Forschungsförderung Nr. 046, Juli 2017.
Download (pdf)
https://www.boeckler.de/pdf/p_fofoe_pb_003_2017.pdf
- Selbst organisiertes Arbeiten als Ressource für Beschäftigte nutzen!,
Policy Brief der Forschungsförderung in der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 3,
Juli 2017 Download (pdf)
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution621
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hans-Böckler-Stiftung, Rainer Jung, 14.08.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 16. August 2017
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