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AGRAR/1680: Unternehmen, die besseren Entwicklungshelfer? (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 378 - Juni 2014
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Unternehmen, die besseren Entwicklungshelfer?
Keine Entwicklungshilfe für Agrarkonzerne

von Marita Wiggerthale, Agrarexpertin bei Oxfam Deutschland



Knapp eine Milliarde Menschen hungern, die Hälfte sind Kleinbäuerinnen und -bauern. Um die Lebenssituation dieser Menschen zu verbessern, werden Entwicklungshilfegelder dringend benötigt. Wichtig dabei: Im Zentrum von Projekten und Politiken sollten die Interessen und Bedürfnisse der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern stehen. Sie müssen dafür von Anfang an beteiligt werden. Doch diese Erkenntnis scheint im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) noch nicht angekommen zu sein. Denn es verstärkt derzeit die Kooperation mit Unternehmen wie Bayer und BASF, denen man dort offenbar eine Schlüsselfunktion in der Armuts- und Hungerbekämpfung zuschreibt. Unternehmen werden zum Teil für "die besseren Entwicklungshelfer" gehalten, das allerdings blendet die Gefahren aus, die mit einer solchen Entwicklung verbunden sind. Kleinbäuerinnen und -bauern wird das Modell einer industriellen Landwirtschaft aufgezwängt, ohne sie ernsthaft einzubinden oder auch nur zu konsultieren. Dabei bedroht die zunehmende Kommerzialisierung von Land und Saatgut ihre Existenzgrundlagen.


ProSavana

Eine solche Entwicklungspolitik im Interesse von Agrarkonzernen setzt Kleinbäuerinnen und -bauern zusätzlich dem Risiko aus, von ihrem Land vertrieben zu werden, weil sie dazu führt, dass immer mehr Landflächen für Investoren ausgewiesen werden. Beispiele sind die "Neue Allianz für Ernährungssicherung", eine G8-Initiative, die Barack Obama 2012 ins Leben rief. "ProSavana" heißt ein von Japan, Brasilien und Mosambik getragenes Projekt, das Rückenwind von der "Neuen Allianz" erhält. Es will weite Landstriche Mosambiks zu Schwerpunktregionen für die Entwicklung der industriellen Landwirtschaft machen. Bei den Kleinbäuerinnen und -bauern kommt das gar nicht gut an. So verurteilt die mosambikanische Bauernorganisation UNAC, Mitglied bei La Via Campesina, "vehement jede Initiative, die die Umsiedlung von Gemeinden und die Enteignung von Kleinbäuerinnen und -bauern vorsieht, um Platz für Mega-Landwirtschaftsprojekte mit Monokulturen (Sojabohnen, Zuckerrohr, Baumwolle etc.) zu schaffen." Tatsächlich berichtet die japanische Wissenschaftlerin Funada-Classen bereits von mehreren Fällen von Landkonflikten.


Saatguthandel einschränken

Die Bundesregierung hilft im Rahmen der "Neuen Allianz" Saatgutkonzernen wie Monsanto, DuPont, Syngenta und Bayer, einen profitablen Saatgutmarkt in Subsahara-Afrika aufzubauen. Dieser Markt ist für sie wirtschaftlich interessant, weil dort bislang rund 80 Prozent des Saatguts aus der eigenen Ernte der Produzent/innen stammen. In Ländern, die das Sortenschutzabkommen des Internationalen Verbands zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) aus dem Jahr 1991 ratifizieren, können Bauern Saatgut nicht mehr austauschen oder verkaufen, wenn es sich um Saatgut einer geschützten Sorte handelt. Die Zivilgesellschaft in Tansania hat dieses neue Saatgutgesetz deswegen scharf kritisiert: Die Bestimmungen von UPOV 1991 missachteten den Beitrag von Kleinbauern, drängten ihre eigenen Saatgutsorten an den Rand und behinderten Bauern, Saatgut und Zuchtmaterial gewohnheitsmäßig frei zu teilen, auszutauschen und zu verkaufen, heißt es in einer Erklärung vom März 2013 dazu.


Für die Kleinbauern

Auch über die "German Food Partnership" hilft das BMZ Agrarkonzernen, sich neue Märkte für ihr Saatgut und ihre Pestizide zu erschließen. Bei Schulungen, die vom BMZ finanziert werden, dürfen Bayer, BASF & Co. ihre Produkte anpreisen. Die nun mit einer Auftaktveranstaltung in Berlin gestartete Kampagne "Keine Entwicklungshilfe für Agrarkonzerne", welche unter anderem von Oxfam, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und dem BUND getragen wird, fordert deswegen, die Förderung von Agrarkonzernen wie Bayer, BASF und Monsanto zu beenden. Stattdessen soll die Bundesregierung Entwicklungshilfe an den Forderungen von Kleinbäuerinnen und -bauern nach Ernährungssouveränität, der Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung und einer umwelt- und klimagerechten Landwirtschaft ausrichten. Machen Sie mit! Siehe www.oxfam.de/agrarkonzerne.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 378 - Juni 2014, S. 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2014