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AGRAR/1545: Ausverkauf ostdeutscher LPG-Nachfolgebetriebe - neue Stufe der Agrarkonzerbildung (AbL Ni)


Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.
Landesverband Niedersachsen/Bremen
Pressemitteilung vom 28. März 2012

Der Ausverkauf ostdeutscher LPG-Nachfolgebetriebe -
eine neue Stufe agrarindustrieller Agrarkonzernbildung



Auf eine neue Stufe der Herausbildung agrarindustrieller Agrarkonzerne durch die schleichende Übernahme der ehemaligen DDR-Agrar-Großbetriebe durch außerlandwirtschaftliche Investoren und andere LPG-Nachfolgebetriebe weist die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hin. Nach der Wende hätten sich viele ehemalige DDR-Agrarkader zunächst ihre weitere Dominanz bei den - in GmbHs oder Genossenschaften umgewandelten - Landwirtschaftlichen Produktions-Genossenschaften (LPGen) gesichert. Dies sei mit Hilfe der offiziellen Agrarpolitik zu Lasten von LPG-Beschäftigten, Landeigentümern und Hofgründern erfolgt. Jetzt stehe ein Generationswechsel an, bei dem älter gewordene Eigner der LPG-Nachfolgebetriebe oder deren Kinder ihre Eigentumsrechte mit Gewinn abstoßen wollten.

Diese Situation und die Notlage vieler Ost-Agrargenossenschaften nutzten nun außerlandwirtschaftliche Investoren und auch andere LPG-Nachfolger, um regelrechte Landbau-Konzerne mit vielen Tausenden oder Zehntausenden von Hektaren aufzubauen. Als Beispiele für große außerlandwirtschaftliche Agrarinvestoren listet eine Studie des vti-Instituts auf: den Möbelkonzern Steinhoff mit 20.000 ha, die JLW Holding (Lindhorst-Gruppe) mit 24.000 ha, die KTG Agrar mit 28.000 ha, die Tonkens Agrar mit 3.000 ha, die Südzucker mit 10.000 ha in Deutschland und 7.000 ha im Ausland, die "Wimex" (PHW-Gruppe) mit 7.000 ha, die Osterhuber Agrar mit 7.000 ha und 24.000 Rindern, den Ex-Fleischmanager Rodo Schneider mit 6.200 ha sowie Bullenmast und Mutterkuhhaltung, die Rethmann-Gruppe mit 6.500 ha, die Fiege-Gruppe mit 4000 ha und 5.500 Rindern und die AgroEnergy AG mit 4.150 ha. In letzter Zeit seien auch die "Mac Agrar GmbH" des Ex-Landhandels Roth ins Blickfeld geraten, ebenso Proteste gegen die offenen oder heimlichen Übernahme-Strategien großer LPG-Nachfolgebetriebe gegenüber benachbarten Agrarbetrieben.

Mittlerweile, so Branchenkenner, habe diese Übernahmewelle bereits etwa ein Drittel aller LPG-Nachfolgebetriebe erfasst. Die AbL warnt jetzt vor einer neuen "unheiligen Allianz" solcher Landbau-Konzerne mit agrarindustriellen Tierhaltungskonzernen und verweist auf das Beispiel der Unternehmensgruppe L.S.G. mbH ("Landwirtschaftliche Sanierungs-Gesellschaft") des ostholsteinischen Gutsbesitzers und Agrarindustriellen Christian Heine. Nachdem der einstige Agrarbanker früher für den Genossenschaftsverband Norddeutschland landwirtschaftliche Betriebe saniert habe, betreibe er dieses Geschäft nunmehr für sich in eigener Regie. Mittlerweile kontrollierten Heine bzw. die L.S.G. mbh schon 11.000 Hektar.

Nunmehr wolle Heine zusätzlich noch agrarindustrielle Tierfabriken aufbauen und betreiben, offenbar in Kooperation mit dem Plukon-"Friki"-Geflügel-Konzern, der von einem internationalen Finanzkonzern namens Gilde Buyout kontrolliert werde. Gegen diese Pläne der Heineschen Wardower Broiler GmbH für zunächst 78.000 Masthühner-Plätzen und ihrer Bedrohung von Umwelt, regionalem Tourismus und Immobilienwerten habe sich eine aktive Bürgerinitiative in Wardow (Kreis Güstrow) gebildet. Erst jetzt sei vielen Wardowern klar geworden, dass auch die so genannte "Agrarproduktions-Genossenschaft Wardow" längst von Heine dominiert werde.

Der AbL-Agrarindustrie-Experte Eckehard Niemann, zugleich aktiv in der Koordination des bundesweiten "Netzwerks Bauernhöfe statt Agrarfabriken" von 160 Bürgerinitiativen sowie großen Umwelt-, Tierschutz-. Landwirtschafts- und Kirchen-Organisationen, sagte den Wardower Bürgern Unterstützung zu. Gerade die ostdeutschen Dörfer bräuchten keine regions-schädliche Agrarindustrie, sondern vielfältige mittelständische Strukturen mit artgerechter Tierhaltung und mit vielen sinnvollen Arbeitsplätzen.

Die AbL unterstütze die Pläne der EU-Kommission, die Zahlung von Flächenprämien-Millionen an riesige Landbau-Konzerne zu beenden und die Subventionen umzusteuern für die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen in bäuerlichen Betrieben und für den Aufbau lebendiger ländlicher Regionen. Eine solche Kehrtwende sei auch von Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Backhaus dringend einzufordern.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 04.08.2010
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.
Landesverband Niedersachsen/Bremen
Pressesprecher: Eckehard Niemann
Varendorferstr. 24, 29553 Bienenbüttel
Telefon: 0151 - 11 20 16 34
E-Mail: eckehard.niemann@freenet.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. März 2012