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ARMUT/146: Simbabwe - Schlechte Zeiten für Hunde, die Knochensammler kommen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Juli 2010

Simbabwe: Schlechte Zeiten für Hunde - Die Knochensammler kommen

Von Ignatius Banda

Kuhknochen und Salzstreuer aus Kuhhufen - Bild: Ignatius Banda/IPS.

Kuhknochen und Salzstreuer aus Kuhhufen
Bild: Ignatius Banda/IPS

Bulawayo, Simbabwe, 22. Juli (IPS) - Geld verdienen mit dem, was andere wegwerfen - das funktioniert nicht nur in der Wohlstandsgesellschaft, sondern auch in den Entwicklungsländern. In Simbabwes zweitgrößter Stadt Bulawayo lebt eine Frau vom Knochensammeln. Schnitzer produzieren kleine Kunstwerke aus Kuhhufen und machen gute Geschäfte damit. Doch die Zeiten sind hart und der Rohstoff wird knapper.

Die Hunde der Stadt hassen sie wahrscheinlich, weil weniger für sie übrig bleibt, aber Sibongile Mararike ist auf den Verkauf der Knochen angewiesen. Schon früh am Morgen ist sie mit einem Sack über der Schulter unterwegs. Ist er voll, liefert sie ihre Ware in einer Fabrik ab, die die Knochen weiterverarbeitet. 30 US-Cent bekommt sie für das Kilo.

In guten Zeiten lief das Geschäft ausgezeichnet. Die Wohlhabenden der Stadt konnten sich regelmäßig Fleisch leisten, für Mararike blieben viele Knochen übrig. Doch inzwischen verzehren viele in Simbabwe Fleisch nur noch an Feiertagen. Hilfsorganisationen warnen sogar, dass in diesem Jahr die Hälfte der Bevölkerung auf Lebensmittelspenden angewiesen sein könnte.


Die ganze Familie sammelt

"Ich will eigentlich, dass meine Kinder von der Armut, in der wir leben, nichts mitbekommen, aber ich kann es nicht ändern. Ich würde auch gern etwas anderes machen als Knochen sammeln, doch für uns zählt jeder Cent", sagt Mararike. Und daher müssen auch die Kinder mithelfen, wenn die Schule aus ist. "Sie haben sich daran gewöhnt, weil sie wissen, dass uns das ernährt", sagt die Mutter. Dass sie damit gegen das Verbot von Kinderarbeit verstoßen könnte, ist ihr nicht bewusst.

Mararikes Kunden spüren die Krise auch. So gibt es nur noch wenige Knochensammler, die die Fabrik beliefern. Der Betrieb mahlt die Knochen zu Mehl, das gepresst und gebrannt wird, so dass das Material zum Beispiel zu Geschirr verarbeitet werden kann. Optisch ähnelt es Porzellan.

Kuhhufe finden ihren Weg nicht in die Knochenmühle, sie landen im Kunstgewerbe. Abnehmer sind fliegende Händler wie der 29-jährige Gift Ncube, der aus ihnen Salzstreuer, Schnupftabakdosen oder Schlüsselanhänger macht. "Diese Sachen sind sehr begehrt bei den Touristen", berichtet er.


Geheimtipp für Touristen

Ncube verkauft sie an seinem Stand vor dem Rathaus von Bulawayo, ebenso wie Kopien alter afrikanischer Felsenzeichnungen, die er in die Hufe schnitzt. Wenn er sein Werk vollendet hat, lässt sich kaum noch erraten, dass das Kunstwerk mal einer Kuh gehört hat.

Sein Standnachbar Japhet Tshuma, der zwar einen Universitätsabschluss hat, hier aber mehr verdient, lacht. "Die Leute glauben einfach nicht, dass die Sachen aus Kuhfüßen gemacht sind. Wir verdienen Geld mit den Knochen der Toten."

Unter Touristen ist der Markt vor dem Rathaus von Bulawayo inzwischen ein Geheimtipp. Viele Backpacker drängen sich zwischen den Ständen. "Natürlich sagen wir ihnen, woraus die Dinge gemacht sind", so Tshuma. "Das macht sie für sie sogar noch reizvoller."

Die wenigen Reichen, die sich noch Fleisch leisten können, ernähren ihn und seine Kollegen. Die Menschen in Simbabwe haben in der Wirtschaftskrise gelernt, dass es nichts gibt, womit sich kein Geld verdienen ließe. (Ende/IPS/sv/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2010