Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → SOZIALES

ARBEIT/506: Pazifik - Jugendarbeitslosigkeit rapide gestiegen, Frauen besonders benachteiligt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. November 2012

Pazifik: Jugendarbeitslosigkeit rapide gestiegen - Frauen besonders benachteiligt

von Catherine Wilson


Fischverkäuferinnen auf einem Markt - Bild: © Catherine Wilson/IPS

Fischverkäuferinnen auf einem Markt
Bild: © Catherine Wilson/IPS

Brisbane, Australien, 29. November (IPS) - Auf den Pazifikinseln kann das Jobangebot mit dem Wachstum der jungen Bevölkerung nicht Schritt halten. Von Arbeitslosigkeit sind insbesondere Frauen betroffen, die unter dem sozialen Druck stehen, ihre traditionelle Geschlechterrolle auszufüllen.

Die Erwerbslosigkeit bei jungen Frauen in Südostasien und der Pazifikregion beträgt 14,2 Prozent, während die Männer zu 12,9 Prozent betroffen sind. Weniger als 35 Prozent der weiblichen Bevölkerung der Salomonen, Marshall-Inseln und Samoa im Alter zwischen 20 und 29 sind offiziell beschäftigt.

In dem Inselstaat Vanuatu, der westlich von Fidschi im Südpazifik liegt und 246.000 Einwohner zählt, ist die Kluft zwischen weiblichen und männlichen Arbeitskräften in Städten am deutlichsten sichtbar. In der Hauptstadt Port Vila tauchen nur 43 Prozent der Frauen in der offiziellen Arbeitsstatistik auf. Männer haben sowohl in der Privatwirtschaft als im öffentlichen Dienst die Nase vorn. 61 Prozent aller 6.500 Regierungsbediensteten sind männlich.

Die meisten Einwohner, auch bekannt unter dem Namen Ni-Vanuatu, leben in ländlichen Regionen und verdienen ihren Lebensunterhalt mit Subsistenzlandwirtschaft. Die rasche Verstädterung hat die Jugendarbeitslosenrate auf 9,2 Prozent in die Höhe getrieben, während der landesweite Durchschnitt bei 4,6 Prozent liegt. In Städten schnellt die Quote bis auf 27 Prozent hoch. Frauen in Vanuatu arbeiten vorwiegend als Putzfrauen, Verkäuferinnen und im sonstigen Dienstleistungssektor.

Kathy Solomon, Direktorin der 'Vanuatu Rural Development Training Centre Association', die sich für die Ausbildung junger Leute und die Gleichbehandlung der Geschlechter einsetzt, sieht junge Frauen bei der Absicherung ihrer beruflichen Karriere mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. "Es gibt immer noch eine kulturelle Barriere, die von den Erwartungen an die Geschlechterrolle der Frauen errichtet wird", erklärt sie. "Viele Frauen sind zudem nicht ausreichend qualifiziert, um in hohe Positionen im öffentlichen und privaten Sektor zu gelangen. Und vor ihren männlichen Kollegen treten sie nicht selbstbewusst auf."


Häusliche Gewalt und Missbrauch

Die Auswirkungen der Arbeitslosigkeit äußerten sich deutlich in der hohen Rate häuslicher Gewalt und Missbrauch von Frauen, kritisiert Solomon. "Weil sie das Geld verdienen, meinen die Männer, sie können sich alles erlauben." Viele arbeitslose junge Frauen litten an Depressionen oder rutschten leicht in die Prostitution ab.

Junge Menschen sind besonders stark von Arbeitslosigkeit bedroht. In den Pazifikstaaten ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Personengruppe keinen Job findet, dreimal höher als bei Erwachsenen. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO warnt davor, dass infolge der globalen Wirtschaftskrise die Jugendarbeitslosigkeit in Südostasien und im Pazifikraum weiter ansteigen wird. ILO forderte die Regierungen auf, der Gefahr einer "verlorenen Generation" gegenzusteuern.

Die hohe Zahl junger Menschen in der Pazifikregion ist eine Folge des raschen Bevölkerungswachstums. 20 Prozent der insgesamt etwa zehn Millionen Einwohner der Inselstaaten sind zwischen 20 und 24 Jahren alt. Die regionale Jugendarbeitslosenrate wird auf 6,6 Prozent geschätzt. Nicht eingerechnet sind diejenigen, die prekären Beschäftigungen nachgehen.

Der Kampf um Jobs verschärft sich durch die ungleiche Verteilung der Gewinne aus dem Wirtschaftswachstum. Dies zeigt sich vor allem in Melanesien. Mikronesien muss damit umgehen, dass es geografisch isoliert ist und Land nur knapp vorhanden ist.

Der Schwerpunkt bei der beruflichen Ausbildung in den Pazifikstaaten liegt auf Bürotätigkeiten. Viele junge Leute sind nicht auf Tätigkeiten im Verkauf oder Tourismus vorbereitet. Junge Frauen sind bei der Jobsuche zudem mit dem Vorurteil konfrontiert, dass "ihr eigentlicher Platz zu Hause ist". Dabei geht aus Statistiken hervor, dass insbesondere in Kiribati, den Marshall-Inseln, Nauru, Samoa und Tuvalu mehr Frauen eine Ausbildung erhalten als Männer.


Frauen durch kulturelle Barrieren gebremst

"Die Arbeitslosigkeit von Frauen hat vermutlich mehr mit kulturellen Einstellungen zu tun, die die weibliche Partizipation an Politik und Entscheidungsfindung in Gemeinden, Institutionen und auf nationaler Ebene nicht anerkennen", meint Mereia Carling, Jugendberaterin des Sekretariats der Pazifischen Gemeinschaft (SPC) in Fidschi. Sie kritisiert, dass Mädchen oft dazu angeleitet werden, zu Hause zu arbeiten, während Jungen mit Technik in Berührung gebracht werden.

Tarusila Bradburgh vom 'Pacific Youth Council' rechnet damit, dass Veränderungen nur allmählich vonstattengehen werden, auch wenn in Fidschi eine große Zahl von Mädchen die Schule abschließen, Stipendien erhalten und Hochschulen besuchen. "Junge Frauen überwinden nur langsam die Barrieren, die beim Zugang zu männlich dominierten Bereichen wie Ingenieurswesen und zivile Luftfahrt bestehen."

Frauen, die keine Arbeit finden, gleiten in den Pazifikstaaten in Armut ab, werden straffällig und abhängig von Alkohol und Drogen. Prostitution führt außerdem zu vielen Teenager-Schwangerschaften. Die Geburtenrate bei 15- bis 19-jährigen Mädchen beträgt 138 pro 1.000 auf den Marshall-Inseln, 67 pro 1.000 auf den Salomonen und 64 pro 1.000 in Vanuatu. Unter diesen Umständen brechen die jungen Mütter oft die Schule ab und bleiben finanziell von ihren Familien abhängig.

Nach Untersuchungen der UN-Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und den Pazifikraum (UNESCAP) entstehen durch die geringe Einbindung der Frauen in den Arbeitsmarkt in der Region jährlich Verluste in Höhe von 42 Milliarden bis 47 Milliarden US-Dollar. SPC ist davon überzeugt, dass es für junge Menschen vor allem in der Land- und Forstwirtschaft, in der Fischerei, im Umweltschutz, Tourismus und im Kulturbereich Arbeitsmöglichkeiten gibt. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.vrdtca.org.vu/info/
http://www.spc.int/
http://www.pacificyouthcouncil.org/
http://www.unescap.org/
http://www.ipsnews.net/2012/11/young-women-face-double-whammy-in-pacific-islands/

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 29. November 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2012