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NAHOST/1272: Bereitet Israel Angriff auf Irans Atomanlagen vor? (SB)


Bereitet Israel Angriff auf Irans Atomanlagen vor?

Netanjahu läuft gegen eine mögliche Lösung des Atomstreits Sturm



Am 20. November treffen Unterhändler des Irans und der P5+1-Gruppe - die fünf ständigen Vetomächte des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, also China, Frankreich, Großbritannien, Rußland und die USA, plus Deutschland - in Genf zusammen, um den Streit um das Atomprogramm der Islamischen Republik beizulegen. Nachdem Frankreich in Person von Außenminister Laurent Fabius vor zehn Tagen eine Einigung torpediert hat, sind die Hoffnungen diesmal groß, daß alle Beteiligten das leidige Thema endlich hinter sich bringen.

Wie die israelische Tageszeitung Ha'aretz am 17. November berichtete, sieht die sich abzeichnende Verhandlungslösung einen Baustopp am Schwerwasserreaktor Arak - womit verhindert wird, daß dort Plutonium gewonnen werden kann -, eine Einstellung der Anreicherung von Uran auf 20 Prozent U235 und einen Rückbau der Bestände des Irans am selbigen Material vor. Im Gegenzug dürften die Iraner weiterhin Uran auf 3,5 Prozent U235 anreichern, um damit zivile Brennstäbe herstellen zu können, während die P5+1, allen voran die USA, eine erste vorsichtige Lockerung der von ihnen seit Jahren gegen die Islamische Republik verhängten Finanz- und Wirtschaftssanktionen vornehmen würden.

Gegen diese Entwicklung läuft der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu, der seit 20 Jahren nicht müde wird, die iranische Atombedrohung in grellen Farben an die Wand zu malen, Sturm. Mittels seiner Kontakte zu den großen zionistischen Organisationen Amerikas und zu den erklärten Freunden Israels im US-Kongreß versucht er daher, Präsident Barack Obama von einer Annäherung an den Iran abzubringen. Über die krude Einmischung des israelischen Premierministers in die amerikanische Politik soll Obama nicht besonders glücklich sein. Am 17. November berichtete die kuwaitische Zeitung Al Jarida, im Weißen Haus nehme man die Telefonanrufe Netanjahus nicht mehr an, sondern leite sie an Außenminister John Kerry weiter.

In Israel nimmt Netanjahu den laufenden Staatsbesuch des französischen Präsidenten Francois Hollande zum Anlaß, öffentlich vor dem "schlechten" Deal der P5+1 mit dem Iran zu warnen. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Hollande am 17. November in Jerusalem behauptete der Likud-Chef, nach dem zu erwartenden Abkommen behielte der Iran die Möglichkeit, innerhalb von nur "drei Wochen" genug Spaltmaterial zum Bau einer Atombombe zu produzieren, und erklärte, Israel werde sich nicht an die Vereinbarung gebunden sehen. Er werde eine Entwicklung, die die Sicherheit seines Landes gefährde, nicht tatenlos hinnehmen, so Netanjahu.

Was sich hinter diesen ominösen Worten verbirgt, machte ebenfalls am 17. November die britische Sunday Times deutlich. Unter der Überschrift "Two Old Foes Unite Against Tehran" ("Zwei alte Feinde vereinigen sich gegen Teheran") hieß es, Israel und Saudi-Arabien arbeiteten gemeinsam an "Ausweichplänen für einen möglichen Angriff auf den Iran, sollte dessen Atomprogramm nicht ausreichend eingeschränkt werden". Desweiteren war in der Sunday-Times-Enthüllung zu lesen: "Im Rahmen der wachsenden Zusammenarbeit soll Riad bereits grünes Licht dafür gegeben haben, daß israelische Flugzeuge seinen [den saudischen - Anm. d. SB-Red.] Luftraum im Falle eines Angriffs auf den Iran benutzen können." Die kommenden Tage werden zeigen, ob es Netanjahu mit seinen Kriegsdrohungen ernst meint oder nur blufft.

18. November 2013