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NAHOST/1135: Atomstreit mit dem Iran - die Ruhe vor dem Sturm? (SB)


Atomstreit mit dem Iran - die Ruhe vor dem Sturm?

Bevorstehende Verhandlungen drohen jetzt schon zu scheitern


Trotz der neuerlichen Bekenntnisse von US-Präsident Barack Obama, er ziehe im sogenannten Atomstreit mit dem Iran eine diplomatische Lösung einer militärischen vor, laufen die Dinge scheinbar unaufhaltsam in Richtung Krieg. Am heutigen 17. März wird das iranische Bankensystem auf Drängen der USA und der EU von der in Belgien ansässigen Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) ausgeschlossen, was den Zugang der Islamischen Republik, die zum Überleben auf den Öl- und Gasexport angewiesen ist, zum internationalen Handel massiv erschweren wird. Wie die Iraner auf den Schritt reagieren werden ist unklar. Mit einer Entspannung im Atomstreit oder einem Einlenken Teherans ist jedenfalls nicht zu rechnen.

Daß sich das US-Militär auf eine Eskalation einstellt und davon ausgeht, daß die iranische Führung versucht sein könnte, zur Vergeltung die Straße von Hormus für die Supertanker der internationalen Ölindustrie zu schließen, darauf deutet die Meldung der Navy Times, der hauseigenen Tageszeitung der US-Marine, vom 15. März hin, wonach das Pentagon die Anzahl seiner Minensuchboote am Persischen Golf von derzeit vier auf acht glatt verdoppeln will. Bekanntgegeben wurde die beunruhigende Entscheidung von US-Marinechef Admiral Jonathan Greenert persönlich. Die vier Minensucher, Sentry, Devastator, Pioneer und Warrior, die nur langsam fahren und eine Höchstgeschwindigkeit von lediglich 14 Seemeilen in der Stunde erreichen, werden derzeit mit Schwertransportern von San Diego nach Bahrain, dem Standort der fünften US-Flotte, verlegt, wo ihre Schwesterschiffe Scout, Gladiator, Ardent und Dextrous stationiert sind. Jedes von ihnen wiegt 1379-Bruttoregistertonnen und hat eine Besatzung von 84 Mann. Greenert wollte bei der Bekanntgabe der ungewöhnlichen Maßnahme auf Fragen von Journalisten keine "Eskalation", sondern lediglich eine reguläre "Verlegung" erkennen.

Für die Eskalationsthese spricht jedoch ein am 14. März veröffentlichter aufsehenerregender Artikel der russischen Zeitung Kommersant. Danach hat US-Außenministerin Hillary Clinton beim Treffen zwei Tage zuvor im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow den Kreml darum gebeten, an die iranische Führung die Botschaft zu übermitteln, daß die für April anvisierte Verhandlungsrunde über den "Atomstreit" die letzte Chance für Teheran sein werde, einen Krieg zu vermeiden. In letzter Zeit droht die konservative Regierung Israels unverhohlen mit einem großangelegten Luftangriff auf die iranischen Atomanlagen, weil dort Premierminister Benjamin Netanjahu geheime Nuklearwaffenforschung vermutet.

Im Kommersant-Bericht hieß es unter Verweis auf russische Diplomaten bei den Vereinten Nationen, in der Frage eines Krieges am Persischen Golf gehe es nicht mehr um das Ob, lediglich um das Wann. Demnach würde zu militärischen Maßnahmen noch in diesem Jahr und zwar nach dem zu erwartenden Scheitern der geplanten Gespräche zwischen Vertretern des Irans und der 5+1-Gruppe - der fünf UN-Vetomächte, China, Frankreich, Großbritannien, Rußland, die USA, plus Deutschland - gegriffen. In Kommersant wurde eine Quelle im russischen Außenministerium dahingehend zitiert, daß Obama von Israel "erpreßt" werde: Entweder stimme er den Kriegsplänen von Netanjahu zu oder die schwerreiche zionistische Lobby Amerikas werde im Kampf um die diesjährige US-Präsidentenwahl nicht ihn, sondern seinen republikanischen Herausforderer unterstützen.

Auch wenn das State Department Hillary Clintons rasch bestritt, Lawrow um die Übermittlung eines Ultimatums an Teheran gebeten zu haben, deuteten die Äußerungen Obamas auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Premierminister David Cameron in Washington am 14. März auf die Richtigkeit der Angaben Kommersants hin. Der US-Präsident warnte die Führung in Teheran, daß die bevorstehenden Verhandlungen mit der 5+1-Gruppe eine "Gelegenheit" sei, "schlimmere Konsequenzen" für den Iran abzuwenden. Wörtlich sagte Obama: "...das Fenster für eine diplomatische Lösung dieses Themas schrumpft".

Interessanterweise hat Obama nach Angaben der Zeitung Guardian beim Galadiner für das Ehepaar Cameron am selben Abend im Weißen Haus, zu dem zahlreiche Prominenz aus dem angloamerikanischen Musik- und Filmgeschäft eingeladen war, extra darum gebeten, daß am Top Table ihm gegenüber Damian Lewis plaziert wurde. Der englische Schauspieler spielt gerade in der derzeit gefeierten US-Fernsehserie "Homeland" einen Marineinfanteristen, der im Irak aus der Geiselnahme durch islamistische Terroristen befreit werden konnte, und bei dem nach der Rückkehr als Kriegsheld in die USA der Verdacht besteht, er könnte ein "Schläfer" sein, der einen verheerenden Anschlag durchführen will. Als Vorlage für "Homeland" dient die israelische Fernsehserie "Hatufim", zu deutsch "Die Entführten". Durch die sichtbare Nähe zu Lewis wollte Obama, ähnlich wie er sich vor einigen Wochen mit dem Buch "The World Amerika Made" des Militaristen Robert Kagan in der Hand demonstrativ fotografieren ließ, ein Signal an die mächtigen Neokonservativen senden, daß er ihnen bei der Verwirklichung ihrer imperialen Träume zu Diensten steht. Zu den aggressiven Plänen der pro-israelischen Neocons gehört bekanntlich seit 1996 und der Veröffentlichung des umstrittenen Strategiepapiers "A Clean Break" der "Regimewechsel" in Teheran als oberstes Ziel.

17. März 2012