Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

NAHOST/1116: Irak bestellt US-Kampfjets für 3 Milliarden Dollar (SB)


Irak bestellt US-Kampfjets für 3 Milliarden Dollar

Militärische Zusammenarbeit sichert Washingtons Einfluß in Bagdad


Der Irak hat für sage und schreibe drei Milliarden Dollar 18 Kampfjets vom Typ F-16 bestellt und bereits eine erste Anzahlung an das US-Rüstungsunternehmen Lockheed Martin überwiesen. Dies gab am 26. September Ali Al Moussawi, ein Berater von Premierminister Nuri Al Maliki, bekannt. Obwohl sich das Land vom Golfkrieg 1991, den anschließenden jahrelangen UN-Sanktionen, dem angloamerikanischen Einmarsch 2003 zwecks Sturzes des "Regimes" Saddam Husseins und dem darauf erfolgten Aufstand gegen die Besatzungstruppen samt Bürgerkrieg zwischen sunnitischen und schiitischen Milizen bis heute wirtschaftlich nicht erholt hat, hält es Bagdad offenbar für wichtiger, statt Strom und Trinkwasser in ausreichenden Mengen für die notgeplagte Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, der US-Waffenindustrie in Zeiten schwächelnder Globalökonomie unter die Arme zu greifen.

Die Bestellung der F-16s erfolgt in einer Phase, in der sich der Irak und die USA immer noch nicht auf die konkrete Form ihrer künftigen militärischen Zusammenarbeit geeinigt haben. Trotz massiven Drängens seitens des Weißen Hauses, des Pentagons und des Kongresses beharrt die Maliki-Regierung auf die Erfüllung jenes State of Forces Agreement (SOFA), das George W. Bush im November 2008 im Namen der USA unterzeichnete und darin der komplette Abzug aller amerikanischen Streitkräfte aus dem Irak bis 24 Uhr am 31. Dezember 2011 vorgesehen ist. Dies tut Maliki unter anderem deshalb, weil die zahlreichen bewaffneten Anhänger des politisch einflußreichen schiitischen Predigers Muktada Al Sadr offen damit drohen, den Aufstand fortzusetzen, sollte es im Januar noch eine US-Militärpräsenz im Zweistromland geben. Mit der Auftragsvergabe an Lockheed-Martin läßt Maliki seine Preferenz für jene Lösung erkennen, über die in den vergangenen Monaten viel diskutiert worden ist, derzufolge im kommendem Jahr US-Militärs im Irak fast ausschließlich als Ausbilder und Leibwächter privater Sicherheitsdienste unterwegs sein werden.

Bestätigung für diese These lieferte am 27. September der irakische Außenminister Hoshyar Zebari in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Associated Press. Laut Zebari soll in Verhandlungen im Oktober die Art der US-Militärpräsenz im Irak entschieden werden. Iraks Chefdiplomat gab sich zuversichtlich, daß sich Bagdad und Washington auf eine für beide Seiten akzeptable Regelung einigen werden und fügte hinzu, nicht die Anzahl der US-Militärausbilder - die Regierung Barack Obama spricht von 3000 bis 5000 - sondern das langfristige Engagement der Amerikaner sei dabei "entscheidend". Zusätzlich kämen laut AP insgesamt 17.000 Mitarbeiter des US- Außenministeriums und amerikanischer Söldnerfirmen hinzu. AP zitiert in diesem Zusammenhang aus dem jüngsten Quartalsbericht des Special Inspector General for Iraq, demzufolge Hillary Clintons State Department ab Januar 2011 "die Hauptverantwortung für eine 6,8 Milliarden Operation" übernehmen wird, die "von elf Standorten im Irak, darunter von drei Konsulaten und der größten Botschaft der Welt", koordiniert werden soll.

Es wird spekuliert, daß Maliki wegen des eventuellen Widerstands seitens der irakischen Volksvertreter versucht sein könnte, das neue Militärabkommen mit den USA dem Parlament in Bagdad nicht vorzulegen, sondern ihm einfach per Exekutivbefehl Gültigkeit zu verleihen. Man darf gespannt sein, ob der irakische Premierminister mit diesem Taschenspielertrick durchkommt und sich die Gegner der US- Militärspräsenz mit deren drastischen Verkleinerung und "offiziellen" Auflösung zufrieden geben.

28. September 2011