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NAHOST/953: Obama und Netanjahu ziehen Abbas über den Tisch (SB)


Palästinenser klare Verlierer des New Yorker Dreiergipfels


Eindeutige Verlierer des New Yorker Dreiergipfels sind die Palästinenser, was freilich nicht überraschen kann. Nachdem im Vorfeld sämtliche Versuche gescheitert waren, der israelischen Regierung auch nur das geringste ernstzunehmende Zugeständnis abzuringen, stand der Sieger bereits im voraus fest, was die Frage aufwirft, zu welchem Zweck man sich überhaupt noch getroffen hat. Benjamin Netanjahu konnte sich getrost herablassen, erstmals seit seinem Amtsantritt als Premierminister mit Mahmoud Abbas zusammenzutreffen, da er sich auf ganzer Linie durchgesetzt hatte und seinen Triumpf abfeiern durfte. Leutselig versicherte er hinterher, alle drei Parteien glaubten an die Notwendigkeit baldiger neuer Unterhandlungen, als habe er nicht gerade für das Scheitern der letzten gesorgt.

Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde hatte seit Wochen beteuert, er werde ohne einen Siedlungsstopp nicht am Gipfel teilnehmen, da dieser unter diesen Umständen gegenstandslos sei. Nachdem Mahmoud Abbas dennoch nach New York gereist war, wand sich seine Delegation mit der Erklärung, es habe sich nicht um Verhandlungen, sondern lediglich ein Zusammentreffen auf Veranlassung des US-Präsidenten gehandelt. Daß sich Abbas auf diese Weise vorführen ließ, unterstrich seine Bereitschaft, als Günstling Washingtons zur Spaltung der Palästinenser funktionalisiert zu werden.

Barack Obama brachte das Kunststück fertig, als erster US-Präsident einen Nahostgipfel ohne jede gemeinsame Erklärung inszeniert zu haben. Man kann von einer Farce sprechen, wie sie dem Meister pompöser Worte aus dem Weißen Haus offenbar im Blut liegen. Inhaltlich gesehen wurden Obama jedoch die Grenzen seiner Möglichkeiten nachhaltig vor Augen geführt, da der angeblich mächtigste Mann der Welt letzten Endes ein Funktionsträger einflußreicher Machtgruppierungen bleibt. Von einem umfassenden Siedlungsstopp war keine Rede mehr: Obama hielt Israel lediglich zur Zurückhaltung in der Siedlungspolitik an, während er den Palästinensern die Abkehr von jeglicher Radikalität dringend ans Herz legte.

Der Rest bestand aus schwülstigen Worthülsen, die den Umstand verschleiern sollten, daß von einer Vermittlung oder gar Regie der US-Regierung bei diesem Treffen keine Rede sein konnte. Wenn Obama betonte, Israel und die Palästinenser müßten unverzüglich Verhandlungen aufnehmen, die eine endgültige Regelung für Nahost zu umfassen hätten, war das nun wirklich keine Neuigkeit. Auch seine Formulierung, er habe seit seinem Amtsantritt Fortschritte beobachtet, doch sei der Weg noch weit, könnte einer Sammlung von Standardfloskeln eines Politikers für jede Gelegenheit entnommen sein. Binnen einer Woche sollen beide Seiten erneut mit seinem Sondergesandten George Mitchell zusammenkommen, womit man mit der alten Mühle weitermacht, als sei man nicht bereits gescheitert. [1]

Wie man an den Gesichtern beim gemeinsamen Fototermin ablesen konnte, war allen Beteiligten klar, was hier gespielt wurde. Während sich Netanjahu dem US-Präsidenten von Anfang an vertraulich zuwandte und ihm zulächelte, starrte Abbas ins Leere, um diese erniedrigende Szene irgendwie zu überstehen. Als ihm schließlich Netanjahu fröhlich die Hand entgegenstreckte, die zu ergreifen er nicht umhin konnte, zeugte seine Leichenbittermiene von Ohnmacht und Enttäuschung darüber, auf welche Weise ihn die beiden über den Tisch gezogen hatten. [2]

Wenige Stunden nach diesem Gipfel erklärte Netanjahu in einem CNN-Interview, er sei zur Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern bereit. Voraussetzung sei allerdings, daß diese ihre Forderung nach einem sofortigen Baustopp israelischer Siedlungen in Ostjerusalem und im Westjordanland zurückzögen. Für sein Land komme ein Baustopp als Vorbedingung für den Neustart der Verhandlungen nicht in Frage. Die Siedlungsfrage könne ja später im Rahmen der Friedensgespräche erörtert werden. [3]

Berücksichtigt man, daß Netanjahu als Voraussetzung für die Aufnahme von Friedensgesprächen bereits eine ganze Reihe von Bedingungen genannt hat, die für die Palästinenser unannehmbar sind, unterstreicht seine jüngste Forderung um so mehr, daß Verhandlungen aus seiner Sicht nur möglich sind, wenn die Gegenseite auf alles verzichtet. Zugleich demonstrierte der israelische Regierungschef, daß die Forderung Obamas ein für allemal vom Tisch ist und man sich fortan die Inszenierung angeblicher Meinungsverschiedenheiten im Umgang mit den Palästinensern ersparen kann.

Anmerkungen:

[1] Leerer Handschlag in New York. Obama trifft Abbas und Netanyahu zum gemeinsamen Gespräch (23.09.09)
NZZ Online

[2] Gipfel in New York. US-Regierung verirrt sich im Nahost-Labyrinth (23.09.09)
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,650686,00.html

[3] Mögliche Friedensgespräche. Netanjahu sagt ja, aber - und stellt Bedingungen (23.09.09)
http://derstandard.at/fs/1253596375702/Moegliche-Friedensgespraeche- Netanjahu-sagt-ja-aberund-stellt-Bedingungen

23. September 2009