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NAHOST/930: Hillary Clinton zeigt Teheran die kalte Schulter (SB)


Hillary Clinton zeigt Teheran die kalte Schulter

Neue Außenministerin der USA erwartet keine Aussöhnung mit dem Iran


Allen öffentlichen Bekundungen des neuen US-Präsidenten Barack Obama hinsichtlich seiner Bereitschaft zu einem Dialog mit dem Iran zum Trotz deuten alle Anzeichen auf eine baldige Verschärfung der Konfrontation zwischen Washington und Teheran hin. So hat zum Beispiel Hillary Clinton, die bekanntlich im letztjährigen Präsidentschaftswahlkampf offen damit gedroht hat, den Iran "auszulöschen", sollte er Israel angreifen, die erste Reise als neue US-Außenministerin in den Nahen Osten benutzt, um den weltweiten Hoffnungen auf eine Versöhnung zwischen den Vereinigten Staaten und der Islamischen Republik einem Dämpfer aufzusetzen. Auch wenn man annehmen muß, daß die Äußerung von Amerikas Chefdiplomatin in der Iran-Frage mit dem Weißen Haus vorher abgesprochen war und auf eine vereinbarte Arbeitsteilung gegenüber Teheran nach dem Motto "böser Cop, netter Cop" schließen läßt, steht zu befürchten, daß die Obama-Regierung wie alle ihrer Vorgänger-Administrationen seit 1979 die völlige Unterwerfung der Islamischen Republik erwartet, will diese von der einzigen verbliebenen Supermacht nicht mehr als "Schurkenstaat" und "Terrorismus-Sponsor" behandelt und statt dessen zum regulären Mitglied der "internationalen Gemeinschaft" gezählt werden.

Die negativen Äußerungen Clintons im Bezug auf den Iran, die rund um die Welt für Schlagzeilen sorgten, fielen am 2. März am Rande der Geber-Konferenz im ägyptischen Scharm-el-Scheich, bei der der Wiederaufbau des Gazastreifens nach der jüngsten israelischen Aggression ganz oben auf der Tagesordnung stand, und zwar hinter geschlossenen Türen während eines Treffens mit Abdallah Bin Zajid Al Nuhajjan, dem Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate. In einem Artikel, der hierzu am folgenden Tag in der New York Times unter der Überschrift "Clinton Not Optimistic About Iran-U.S. Thaw" erschienen ist, berichtete Mark Landler, die ehemalige First Lady habe gegenüber Al Nuhajjan erklärt, "sie erwarte nicht, daß der Iran positiv auf ein amerikanisches Angebot direkter Verhandlungen reagieren werde". Dazu Landler: "'Es ist zweifelhaft, daß sie darauf antworten würden', sagte sie nach Angaben eines ranghohen Beamten des State Department, der unter der Bedingung der Anonymität sprach, da er ein privates Treffen beschrieb."

Die skeptische Haltung Clintons gegenüber dem persischen Iran stand im krassen Gegensatz zu ihrem demonstrativen Einsatz für eine Wiederbelebung des längst totgeglaubten Nahost-"Friedensprozesses" und für die amerikanisch-arabische Freundschaft. Nicht umsonst lief Clinton "zufällig" am ersten Tag der Konferenz dem syrischen Außenminister Walid Moallem über den Weg und tauschte mit diesem einige Minuten lang vor dem Augen der versammelten Weltpresse Nettigkeiten aus. Bekanntlich stellen die USA und Israel Syrien seit geraumer Zeit Verbesserungen der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen in Aussicht, verlangen gleichzeitig jedoch, daß die Syrer ihr Militärbündnis mit dem Iran aufkündigen. Auffällig ist jedenfalls, daß Amerikas Außenamtschefin die Begegnung mit Moallem nicht - wie man es vielleicht erwartet hätte - genutzt hat, um von Syrien die volle Zusammenarbeit mit dem UN-Sondertribunal, das am selben Tag seine Arbeit im niederländischen Den Haag die Arbeit aufgenommen hat und die Umstände der Ermordung des ehemaligen libanesischen Premierministers Rafik Hariri im Jahre 2005 aufklären soll, zu verlangen, wo doch Washington Damaskus für die Schreckenstat verantwortlich macht und deswegen seit vier Jahren keinen Botschafter mehr in der syrischen Hauptstadt akkreditiert hat.

Interessant waren auch die Worte, die Clinton fand, als sie die von den arabischen Staatsvertretern in Scharm-el-Scheich als unerwartet großzügig gelobte Zusage der USA von 900 Millionen Dollar zum Wiederaufbau Gazas machte. Washington werde mit der palästinensischen Autonomie-Behörde eng zusammenarbeiten, damit das Geld der amerikanischen Steuerzahler "nicht in die falsche Hände" gerate; die Zeit sei gekommen, "den Kreislauf der Ablehnung und des Widerstandes zu brechen und die Fäden derjenigen, welche das Leid unschuldiger Menschen ausbeuten, zu durchtrennen". Mit letzter Formulierung war nicht nur die palästinensische Hamas-Regierung, welche, obwohl demokratisch gewählt, von den USA und ihren Verbündeten boykottiert wird, sondern auch der Iran gemeint, der nach der Leseart Washingtons hinter allem Unheil zwischen Mittelmeer und Hindukusch steckt.

Obama sprach bei seiner Amsteinführung von der "ausgestreckten Hand", die er den Vertretern des Irans zuzustrecken bereit wäre, sollten diese ihren "Faust öffnen". Tatsächlich ist es so, daß Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad gleich nach der Wahl Obamas im letzten November einen Gratulationsbrief geschickt hat - die erste solche Kommunikation zwischen Washington und Teheran seit fast 30 Jahren -, auf den er bis heute keine Antwort erhalten hat. Statt dessen schießt die Obama- Regierung einen Giftpfeil nach dem anderen gen Teheran ab. Am 26. Februar hat Susan Rice anläßlich ihrer ersten Teilnahme als Obamas Botschafterin an einer Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in New York erklärt, die USA würden auf "die Beendigung des Strebens des Irans nach dem Besitz einer illegalen Atomwaffe und seiner Unterstützung des Terrorismus" hinarbeiten. Zwei Tage später verstieg sich Admiral Michael Mullen, der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, im US-Fernsehen unter Verweis auf die jüngsten Angaben der IAEO über den Stand der Anreicherung von schwachradioaktivem Uran im iranischen Kernenergieprogramm zu der abenteuerlichen Behauptung, der Iran verfüge inzwischen über genug Material zum Bau einer Atombombe.

Seit einigen Wochen verhandelt die Obama-Regierung mit den europäischen Verbündeten über verschärfte Sanktionen gegen den Iran für den Fall, daß Teheran nicht positiv auf Washingtons Gesprächsangebot - wann auch immer dieses gemacht werden soll - reagiert. Wie die New York Times am 3. März bekanntgab, hat das Weiße Haus vor kurzem sogar dem Kreml ein Schreiben zukommen lassen, in dem Obama seinen russischen Amtskollegen Dimitri Medwedew anbietet, die geplanten Komponente für den umstrittenen US-Raketenabwehrschirm in Osteuropa nicht aufzubauen, wenn im Gegenzug Moskau hilft, Teheran von der Entwicklung von Langstreckenraketen und Atomwaffen abzubringen.

Die Nachricht von dem Brief Washingtons an Moskau wie auch die Äußerung von John Kerry, dem demokratischen Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses des Senats, vom 3. März, wonach Washington mit Teheran nur "aus der Position der Stärke heraus" verhandeln dürfe und den in Aussicht zu stellenden Gesprächen enge zeitliche Grenzen setzen müsse, lassen befürchten, daß die Amerikaner den Iranern demnächst ein Ultimatum stellen werden, das diese nur unter großem Gesichtsverlust annehmen können und deshalb vermutlich ablehnen werden. Schließlich hat der Iran als Unterzeichnerstaat des Atomwaffensperrvertrags ein unveräußerliches Recht auf die Urananreicherung. Sollte der Iran keine Raketen, mit denen man Satelliten ins All schicken kann, mehr bauen, nur weil die USA dies vorschreiben? Sollte sich die derzeit bedrohliche, wenig hoffnungsvolle Entwicklung der letzten Wochen und Tage fortsetzen, könnte unter Obama die langjährige Konfrontation Washingtons mit Teheran tatsächlich in eine gewaltige militärische Auseinandersetzung ausarten.

4. März 2009