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AFRIKA/1909: USA bezeichnen Nigeria als "terroranfällig" (SB)


USA wollen offenbar ihren Einfluß auf Nigeria ausweiten


Da protestiert die Regierung Nigerias empört, daß das Land mit vierzehn weiteren Staaten von den USA auf eine Flugsicherheitsliste gesetzt wurde, so daß Bürger aus diesen Ländern nun eine Sonderbehandlung erfahren, wenn sie in die Vereinigten Staaten einreisen wollen, und das US-Militär lobt die Maßnahme auch noch, weil dadurch die Terrorbekämpfung in Afrika stärker in die Aufmerksamkeit gerückt würde. Kann es ein treffenderes Beispiel für Arroganz geben, als derart über das Anliegen Nigerias, es von der unseligen Liste zu streichen, hinwegzugehen?

Auslöser oder besser Vorwand, Nigeria in eine Kategorie mit Ländern wie Somalia und Sudan, in denen jahrzehntelang Bürgerkrieg herrscht, zu zählen, war die nigerianische Staatsbürgerschaft des 23jährigen mutmaßlichen, verhinderten Flugzeugattentäters Farouk Umar Abdulmutallab. Nach offizieller Lesart hatte dieser am ersten Weihnachtstag versucht, sich in einer Passagiermaschine beim Landeanflug auf den Flughafen Detroit in die Luft zu sprengen und mehr als 280 Menschen in den Tod zu reißen.

Soweit bis jetzt bekannt, befand sich der mutmaßliche Attentäter nicht in Begleitung, und es gibt nicht die geringsten Hinweise darauf, daß er mit irgendwelchen Gruppierungen in Nigeria, die aus welchen Gründen auch immer einen bewaffneten Kampf führen, gestanden hat. Vielmehr wird von der US-Regierung die Version verbreitet, daß der junger Nigerianer von einer Art al-Qaida-Unterabteilung Arabische Halbinsel in Jemen mit einer Unterhosenbombe bestückt und auf seine letzte Reise geschickt wurde. Mit Nigeria, dem nun Anfälligkeit gegenüber Terrorismus attestiert wird, hat der mutmaßliche Anschlagsversuch offenkundig nichts zu tun.

"Die Terrorbekämpfung in Afrika ist stärker in den Fokus gerückt, seitdem die Vereinigten Staaten fünf afrikanische Nationen auf eine Länderliste (...) gesetzt haben", wird ein Bericht seitens der Pressestelle der amerikanischen Streitkräfte eingeleitet. [1] Und was die US-Militärs bei AFRICOM (Africa Command), der für fast ganz Afrika zuständigen Kommondostelle, gern hinter dem Berg halten bzw. hinter marginalen zivilen Aktivitäten der US-Soldaten (Brunnen bohren, Grundschulen bauen, eine Cafeteria einrichten, Klassenzimmer streichen, etc.) verstecken: "Die Bekämpfung des Terrorismus in Afrika ist ein Schwerpunkt von U.S Africa Command und der damit verbundenen Subkommandostellen", heißt es. "Dieser Vorfall und auch allgemein Terrorismus bekommen jetzt starke Medienaufmerksamkeit", gewann Maj. Gen. William B. Garrett III, Kommandant von U.S. Army Africa, diese Woche bei einem Blogger-Runden-Tisch dem mutmaßlichen Flugzeugattentatsversuch einen positiven Aspekt ab. [1]

Garretts Erklärung klingt nur dann zynisch, wenn man annimmt, die US-Behörden seien von dem weihnachtlichen Anschlagsversuch überrascht worden. Es hat jedoch so deutliche Vorwarnungen, bei denen sowohl "ein Nigerianer" als auch ein Transatlantikflug zu Weihnachten vorkamen, gegeben, daß nicht von einem Versagen der Sicherheitsbehörden der USA auszugehen ist, sondern von einer geheimdienstlich begleiteten Terrormaßnahme, wie sie vergleichbar die NATO bei ihrer "Strategie der Spannung" mit Bombenanschlägen gegen die eigene Bevölkerung betrieben hat.

Jedenfalls ist es nicht erforderlich, die Aufmerksamkeit auf die Terrorbekämpfung in Afrika zu lenken, schließlich führen die US-Soldaten regelmäßig gemeinsam mit einheimischen Militärs Manöver auf afrikanischem Boden durch. Fast immer geht es dabei um Terrorismus. Frühere Gerüchte, nach denen sich al-Qaida in Nigeria angesiedelt hätte, haben sich als völlig haltlos herausgestellt. In dem westafrikanischen Land haben sich Milizengruppen gebildet, aber die haben nichts mit internationalem Terrorismus zu tun, sondern damit, daß große Teile der Gesellschaft verarmt sind, da eine kleine Oberschicht die Einnahmen aus dem Erdölexport einbehält. Außerdem machen ausländische Konzerne gute Geschäfte mit der Ausbeutung des Erdöls. Bislang dominieren westliche Konzerne die Förderung, inzwischen treten jedoch mit China (Erdöl) und Rußland (Erdgas) Konkurrenten auf. Nigeria als "terroranfällig" zu bezeichnen ist ein Druckmittel, das die US-Regierung einsetzen könnte, um US-Konzernen Vorteile beispielsweise im Bieterwettstreit um neue Förderlizenzen zu verschaffen, aber auch um selber den Einfluß auf Nigeria auszuweiten.


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Anmerkungen:

[1] "African Counterterrorism Gets Greater Focus", American Forces Press Service, 7. Januar 2010 http://www.defense.gov//News/NewsArticle.aspx?ID=57403

8. Januar 2010