Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → MEINUNGEN


STANDPUNKT/869: Globale Umweltpolitik - Das wird nicht mehr demokratisch geschehen (Henrik Paulitz)


Akademie Bergstraße
für Ressourcen-, Demokratie und Friedensforschung
Analysen und Empfehlungen

"Das wird nicht mehr demokratisch geschehen

von Henrik Paulitz, 26. Juni 2019


Im öffentlich-rechtlichen Sender "Phoenix" (ARD/ZDF) wurde am 24. Juni 2019 eine nicht-demokratische globale Umweltpolitik als gewissermaßen unausweichlich dargestellt. Wolfgang Merkel, Direktor der Abteilung Demokratie und Demokratisierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, sprach von einer "beunruhigenden Komponente". Nicht die demokratischen Parlamente würden künftig die Klimapolitik bestimmen, so Professor Merkel, sondern Regierungen und "Technokraten" internationaler Organisationen: "Das wird nicht mehr demokratisch geschehen (...)".

Wir werden wenig am Problem lösen

Politologe Merkel betonte zunächst, dass klimapolitische Maßnahmen in Deutschland unter dem Strich nichts lösen würden: [1]

"Aber da ist auch eine beunruhigende Komponente dabei. Ich stimme zu: Klima, es wäre lächerlich zu sagen, dass wir das in Dänemark, Österreich oder Deutschland alleine lösen können. Deutschland emittiert etwa zwei bis drei Prozent der CO2-Emissionen auf der ganzen Welt."

Zwar müsse man in Deutschland etwas tun, wirkungsvolle Maßnahmen "erfinden" und einsetzen. "Aber letztendlich werden wir ganz wenig an dem Problem lösen", so Merkel.

Erhebliche Kosten

"Also wir werden die nächsten 10 Jahre, das lässt sich voraussagen, in den nächsten 10 Jahren werden wir erhebliche Kosten haben, die wahrscheinlich wieder das untere Drittel der Gesellschaft ganz stark zu tragen hat, erhebliche Kosten haben", so Merkel. "Aber wir werden nahezu nichts realita, in der Realität, an dem Klimawandel ändern, weil wir sozusagen ein zu kleiner Spieler sind."

Nicht demokratisch

Prof. Merkel weiter: "Und wenn wir sagen, mit Recht sagen, dass wir sozusagen ein Konzert, insbesondere bei den großen, den USA, China, Indien, dabei zusammenbringen müssen, dann haben wir ein Problem, das heißt:

Das wird nicht mehr demokratisch geschehen, die Parlamente werden da keine Rolle spielen, das werden die Exekutiven, die Regierungen und Technokraten der großen Organisationen tatsächlich weitgehend vorantreiben. Das kann man sagen, das müssen wir so tun. Aber wir müssen ehrlich sein: Das werden wir nicht in derselben demokratischen Weise tun können, wie wir das in dem gemütlichen Nationalstaat tun konnten", sagte der Politologe.

Kritische Nachfragen?

Die Aussage, wonach eine globale Umweltpolitik ohne demokratische Entscheidungen zu erwarten sei, blieb in der Sendung so stehen.

Moderatorin Michaela Kolster, immerhin ZDF-Programmgeschäftsführerin des Fernsehsenders Phoenix [2], sah keine Veranlassung, Nachfragen zu diesen beunruhigenden Aussagen zu stellen.

Fortbestand der Demokratien?

Dabei drängt sich bei den Ausführungen von Prof. Wolfgang Merkel die Frage auf, ob eine sich globalisierende Politik mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar ist.

Steht der Fortbestand der Demokratien in Frage? Wie geht man um mit Bestrebungen, undemokratische Entscheidungsstrukturen globaler Technokraten, nicht zuletzt auch aus China, zu etablieren bzw. zu konsolidieren?


Anmerkungen:

[1] Phoenix (ARD/ZDF): Geteiltes Deutschland - Wie halten wir unsere Gesellschaft zusammen? Unter den Linden. Moderation: Michaela Kolster. 24.06.2019. 22.15 Uhr. Ab Minute 19.28.
https://www.phoenix.de/sendungen/gespraeche/unter-den-linden/geteiltes-deutschlandwie-halten-wir-unsere-gesellschaft-zusammen-a-1103480.html

[2] Michaela Kolster ist auch Mitglied des Kuratoriums der Johanna-Quandt-Stiftung. Die Stiftung wurde 1995 von Johanna Quandt, einer der reichsten Frauen Deutschlands, gegründet.

*

Quelle:
Akademie Bergstraße
für Ressourcen-, Demokratie und Friedensforschung
Darmstädter Str. 12, 6342 Seeheim-Jugenheim
Telefon: 06257 / 505-1707
E-Mail: info@akademie-bergstrasse.de
Internet: www.akademie-bergstrasse.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juli 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang