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KRIEG/1584: Germans to the front - Westerwelle kündigt Patriot-Einsatz an (SB)




Die Bundesrepublik sei bereit, Patriot-Raketen in die türkische Grenzregion zu Syrien zu entsenden, erklärte Außenminister Guido Westerwelle bei einem Treffen der NATO-Außenminister in Brüssel. Die dort getroffene Entscheidung, die Raketenbatterien schon in Kürze in die Krisenregion zu entsenden, erfolge, wie NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen behauptete, ausschließlich zum Zweck der Abschreckung und nicht zur Einrichtung einer Flugverbotszone über Syrien. Dieses Mal nur nichts versäumen, scheint Westerwelle zu meinen, greift er mit seiner Ankündigung doch der noch ausstehenden Mandatierung dieses Kriegseinsatzes durch den Bundestag voraus. Nach dem von kriegslustigen Politikern und Journalisten zum Debakel erklärten Versäumnis, in Libyen keine deutschen Hegemonial- und Rohstoffinteressen durch die Bundeswehr gesichert zu haben, will man nun ganz vorne mit dabei sein.

Die Türkei hat aus naheliegenden Gründen keinen Angriff aus Syrien zu befürchten, wäre dies doch eine Steilvorlage für eine Intervention der NATO in einen Krieg, der aufgrund der Einmischung diverser äußerer Kräfte längst nicht mehr als Bürgerkrieg zu bezeichnen ist. Für einige auf türkischem Territorium eingeschlagene Mörsergranaten hat sich die Regierung in Damaskus in Ankara entschuldigt, was in Anbetracht der von dort ausgehenden Unterstützung der syrischen Rebellen vollends zeigt, wie wenig man dort an der weiteren Verschärfung der Beziehungen zur Türkei interessiert ist. Indem deren Regierung das Grenzgebiet zu Syrien zum logistischen Hinterland der syrfischen Rebellen gemacht hat, hätte vor allem die Regierung in Damaskus Grund, dies als äußere Aggression zu verstehen.

Ohnehin bleibt die Frage, wieso die hochgerüsteten türkischen Streitkräfte nicht in der Lage sein sollen, selbst mit dem eventuellen Übergreifens des Krieges in Syrien fertigzuwerden, unbeantwortet. Das Drängen der NATO-Außenminister, dort militärisch Präsenz zu zeigen, läßt mithin auf umfassendere Vorkehrungen im Sinne einer Ausweitung des Krieges auf andere Staaten der Region schließen, an deren Zustandekommen die NATO aktiv beteiligt wäre. Das Militärbündnis ist kein neutraler Akteur, wie Rasmussen gerne glauben macht, sondern verfolgt aufgrund der von seinen führenden Regierungen ausgehenden Nötigung des Iran, Zugeständnisse bei der Nutzung der Urananreicherung zu machen, eigene strategische Interessen.

So entfaltet sich im Grenzraum der Türkei zu Syrien als auch zum Iran ein klassisches Vorkriegsszenario. Es werden Dispositionen zur Eskalation aufgefahren, mit denen sich weitere angebliche Handlungsnotstände erwirtschaften lassen. Was sein Vorbild in den Winkelzügen findet, mit denen die US-Regierung ihre Angriffsplanungen gegen den Irak ins Stadium ihrer Unumkehrbarkeit manövrierte, geht nun ganz offiziell von der NATO selbst aus. Wird diese zum Aggressor im Nahen und Mittleren Osten, dann steht der bereits von der US-Administration unter George W. Bush angestrebten Neuordnung der Region nichts mehr im Wege. Für die Bundesrepublik besteht der große Unterschied zum Irakkrieg darin, daß die Bundeswehr dieses Mal mit allen Konsequenzen mit von der Partie sein wird.

4. Dezember 2012