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KRIEG/1398: US-Truppen sollen Bundeswehrsoldaten Beine machen (SB)



Mit der Entsendung von 2500 US-Soldaten, darunter 1500 für den offensiven Kampfeinsatz ausgebildete Fallschirmjäger, schafft US-Präsident Barack Obama diejenigen Bedingungen, mit Hilfe derer die Bundesregierung die ihr abverlangte Aufstockung des deutschen Besatzerkontingents politisch begründen kann. Was Anfang November mit einer Großoffensive der US-Truppen in dem von der Bundeswehr kontrollierten Gebiet [siehe dazu POLITIK-KOMMENTAR-HEGEMONIE/1629] seinen Schatten vorauswarf, wird nun folgerichtig seinen Lauf nehmen. Auch wenn man die Bundeswehr nach Ansicht der US-Führung zum Jagen tragen muß, wird ihr bei der zu erwartenden Eskalation der Kämpfe keine Möglichkeit bleiben, als auf nun erst recht angemessene oder eben auch völlig unangemessene Weise Tod und Zerstörung zu säen.

Wie Obamas Sonderbeauftragter für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, in einem Gespräch mit der Zeit erklärte, sei dieser Krieg für die USA schwieriger zu führen als der Vietnam-Krieg. "Nordvietnam war der Feind, den konnten wir bombardieren. Pakistan aber ist unser Verbündeter", so der bewährte Kriegsdiplomat mit dem locker sitzenden Knüppel zum Problem des Rückzugsraums der Taliban jenseits der Grenze. Angesichts der Tatsache, daß die US-Streitkräfte längst in Pakistan Krieg führen, indem sie angebliche Taliban mit Raketen beschießen, kann man die von Holbrooke ausgemachte Behinderung der effizienten Kriegführung seines Landes in Islamabad nur als Drohung verstehen.

Daß die US-Truppen "strikte Order" hätten, "so etwas wie Kunduz zu vermeiden", darf und soll wiederum die Bundesregierung als Affront verstehen. Schließlich haben die US-Streitkräfte in Afghanistan zahlreiche Luftangriffe durchgeführt, bei denen Tausende afghanischer Zivilisten ums Leben gekommen sind. Sich nun das Mäntelchen des Freunds der einheimischen Bevölkerung umzuwerfen sollte sinnigerweise ebenfalls im Kontext des Vietnamkriegs betrachtet werden. Winning Hearts and Minds führte dort regelmäßig zu Massakern, die die Vietnamesen so sehr gegen die US-Truppen aufbrachten, daß diese schließlich das Land verlassen mußten.

Ob die Zustimmung, mit der deutsche Politiker von den Grünen bis zur Union die Ankündigung der Entsendung von US-Truppen in den Raum Kunduz quittieren, ausgemachter Dummheit, wachsweichem Opportunismus oder blanker Kriegsgeilheit geschuldet ist, läuft am Ende auf das gleiche Blutbad hinaus. Wenn kampferprobte US-Truppen im Operationsgebiet der Bundeswehr agieren, dann werden Sachzwänge geschaffen, die einen Abzug aus Afghanistan erst recht undenkbar erscheinen lassen.

6. Januar 2010