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FRIEDEN/0987: Gefängnis Gaza - Blaupause der Herrschaftssicherung (SB)



Seit Beginn der Abriegelung im Jahr 1991 hat Israel den Gazastreifen Zug um Zug in ein Gefängnis für 1,5 Millionen Palästinenser verwandelt, deren aufgezwungene Haftbedingungen die gesamte Bandbreite vorstellbarer Drangsalierung bis hin zur physischen Vernichtung durch Bombardierung und Beschuß oder Hunger und Krankheit umfaßt. Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte wurden solche Grausamkeiten vor aller Augen und mit Billigung der sogenannten Staatengemeinschaft über eine derart lange Strecke verübt, als handle es sich um das Vorhaben, ein ganzes Volk in jeder erdenklichen Hinsicht zu brechen und zugleich das Empfinden, Denken und Handeln der Menschheit auf eine bislang unerreichte Stufe der Mitleidlosigkeit und Verfügbarkeit zu überführen.

Was Israel im Gazastreifen vorexerziert, ist nichts weniger als eine brutale Blaupause für die Regulation einer Welt, deren Sourcen weniger denn je für alle reichen. Für die Eliten, die ihr künftiges Überleben zu Lasten einer verhungernden und verdurstenden Mehrheit zu sichern beabsichtigen, stellt sich das als ein komplexer Prozeß der Aussteuerung dar, der auf Grundlage eines überlegenen Gewaltpotentials administrative Strukturen etabliert, die Widerstandspotentiale bis über die Grenze der Unumkehrbarkeit eliminieren sollen.

Würden sich die Bewohner des Gazastreifens in ihrer Verzweiflung massenhaft erheben, um ihre Peiniger in einem letzten Sturmlauf zu überrennen und mit ins Verderben zu reißen, könnten selbst die Panzer und Flugzeuge der israelischen Streitkräfte nicht verhindern, daß im Land kein Stein auf dem andern bliebe. Während es also aus Sicht der Herrschaftssicherung gilt, das für unwürdig und überflüssig erachtete Leben auszugrenzen und zu eliminieren, muß dies zugleich mit Hilfe einer Strategie bewerkstelligt werden, die auf die Beteiligung der Opfer in all ihren Spielarten abzielt.

Obgleich jedem Menschen sofort klar sein müßte, wie sich in dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern die Kräfte verteilen, kommt niemand der weitaus schwächeren Seite zu Hilfe, ja man beteiligt sich sogar an deren Einkerkerung, Entwaffnung und Abstrafung. Wie tief die Auslöschung all dessen inzwischen greift, was einst als unerschütterliches Inventar von Menschlichkeit und Rechtmäßigkeit galt, dokumentiert die Kumpanei der Verbündeten Israels. Ihnen ist es inzwischen gelungen, nicht nur die arabischen Länder zu Kollaborateuren zu degradieren, sondern selbst die Palästinenser in der Frage ihrer eigenen Vernichtung zu entzweien.

In diesem Sinne ist der Blick in den Gazastreifen gewissermaßen ein Vorgriff auf die nahe Zukunft der Verhältnisse auf diesem Planeten, die unvermeidlich eintreten werden, solange es bei der Sicht eines gleichgültigen Beobachters oder gar der begeisterten Parteinahme für die Seite der Sieger bleibt.

21. Januar 2009